Archäologen haben bei Ausgrabungen entlang der geplanten Stromtrasse Südostlink in Sachsen-Anhalt Beweise für Grabraub aus der Bronzezeit gefunden. In einem etwa 3000 Jahre alten Hügelgrab nahe Nauendorf (Saalekreis) wurden zwei Gräber gezielt geplündert, wie die dpa berichtet. Die Projektleiterin der Ausgrabungen, Susanne Friederich, erklärt, dass die Grabschänder nicht das gesamte Grab freigelegt, sondern trichterförmige Öffnungen an drei spezifischen Stellen geschaffen haben: im Kopf- und Brustbereich, auf Höhe des Beckens sowie an den Waden und Füßen. Genau dort, wo wertvolle Schmuckstücke vermutet werden, fehlen die sonst üblichen Steine der Grabdeckung. Die Archäologen schließen daraus, dass die Grabräuber gezielt nach der Tracht der Verstorbenen suchten.
Die Experten vermuten, dass die Plünderer der damaligen Gemeinschaft angehörten und sowohl die Verstorbenen als auch deren Grabbeigaben kannten. Wie die Süddeutsche Zeitung am 17. Dezember 2024 berichtete, wäre es in späteren Zeiten, ohne sichtbare Markierungen über der Erde, schwierig gewesen, die Gräber zu lokalisieren. Die Lage des geplünderten Grabes am Rand des 13 Meter großen Hügelgrabes unterstützt die Annahme, dass die Täter ortskundig waren.
Zur Zeit der sogenannten „Saalemündungsgruppe“ wurden die Toten ohne tiefere Grabgrube bestattet. Der Leichnam wurde auf Steinen gebettet und mit weiteren Steinen bedeckt. Darüber errichtete man einen etwa zwei Meter hohen Grabhügel, der von einem Palisadengraben umgeben war, um Erdrutsche zu verhindern. Jonathan Schulz, der örtliche Grabungsleiter, erklärte gegenüber der dpa, dass solche Grabhügel weithin sichtbar waren und als Bestattungsplätze wichtiger Persönlichkeiten mit Beigaben galten. Neben einem der Gräber fanden die Archäologen ein zerbrochenes Keramikgefäß. Die Grabräuber schienen nur an Schmuck und Metallgegenständen interessiert gewesen zu sein. Es bleibt offen, ob das Gefäß möglicherweise etwas Wertvolles enthielt und achtlos weggeworfen wurde.
Ähnliche Funde von Grabraub aus der Bronzezeit sind auch aus anderen Regionen Deutschlands bekannt, wie beispielsweise vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt im „Fund des Monats“ Juni 2005 dokumentiert. Bei Ausgrabungen für die A38 bei Eisleben wurden bronzezeitliche Gräberfelder untersucht, die ebenfalls Spuren von Grabschändungen aufwiesen.
Die archäologischen Untersuchungen entlang des 150 Kilometer langen Teilabschnitts der Stromtrasse in Sachsen-Anhalt werden voraussichtlich bis 2025 fortgesetzt. Die gesamte Trasse erstreckt sich über 540 Kilometer von Wolmirstedt bei Magdeburg bis zum Standort Isar bei Landshut in Bayern.
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