September 27, 2024
Chinas neue wirtschaftliche Anstrengungen zur Stabilisierung in Krisenzeiten

Chinas Staatsführung hat erstmals deutliche Zeichen gesetzt, sich der aktuellen Wirtschaftskrise im eigenen Land bewusst zu sein und diese auch in der Breite anzugehen. Wie die F.A.Z. berichtet, kündigte das Politbüro der Kommunistischen Partei um Staats- und Parteichef Xi Jinping in Peking am Donnerstag eine Reihe von Konjunkturmaßnahmen an. „Notwendige fiskalische Ausgaben“ sollen demnach helfen, das von Fachleuten zunehmend angezweifelte Wachstumsziel von fünf Prozent zu erreichen und die Deflation zu bekämpfen.

Zu den angekündigten Maßnahmen gehören weitere, „energische“ Zinssenkungen sowie die Emission spezieller Staatsanleihen. Diese sollen dazu dienen, die „treibende Rolle staatlicher Investitionen“ besser umzusetzen, wie es in den Staatsmedien hieß. In bisher nicht dagewesener Deutlichkeit gab das Politbüro zudem vor, dass „Anstrengungen unternommen werden [sollten], um den Immobilienmarkt zu stabilisieren und seinen Rückgang zu stoppen“. Zu diesem Zweck werde die Staatsführung den Bau neuer Wohnprojekte streng einschränken, um das bestehende Überangebot an Wohnraum zu verringern.

Bereits am Morgen vor der Politbüro-Sitzung hatte Chinas Finanzministerium einmalige Bargeldzahlungen an Menschen in extremer Armut angekündigt. Diese Gelder sollen bis zum kommenden Dienstag ausgezahlt werden, pünktlich zum Beginn der Nationalfeiertagswoche. Derartige direkte Hilfeleistungen sind in China unter Xi Jinping, der sich stets gegen einen „Wohlfahrtsstaat“ ausgesprochen hat, eher selten. Fachleute erwarten in Summe dadurch jedoch keine übergroße Geldspritze ins System.

Obwohl genauere Maßnahmen zu den vom Politbüro ausgegebenen Zielen zunächst vage blieben, gilt die Ankündigung bereits als Wegweiser für das Verhalten von Ministerien, Institutionen und Lokalregierungen in den kommenden Monaten. Die Vorgaben des Politbüros folgen zudem unmittelbar auf die bereits ungewöhnlich klaren Finanzentscheidungen der chinesischen Zentralbank.

Diese hatte am Dienstag erstens den Leitzins um 0,2 Prozentpunkte gesenkt. Zweitens senkte sie die Zinssätze für laufende Immobilien-Hypotheken im Schnitt um einen halben Prozentpunkt, was die Zinsausgaben der chinesischen Haushalte mit Immobilienkrediten um umgerechnet 20 Milliarden Euro pro Jahr verringere, so Zentralbankchef Pan Gongsheng. Drittens senkte die Zen­tralbank die Mindestanforderungen für Bargeldreserven, die Banken vorhalten müssen, ebenfalls um einen halben Prozentpunkt.

Zentralbankchef Pan versprach zudem, dass die Zentralbank Bankkredite von Unternehmen leichter refinanzieren werde, wenn Firmen mit dem Geld eigene Aktien zurückkaufen. Diese Maßnahme unterstrich das Politbüro am Freitag mit der Vorgabe, dass „es Anstrengungen unternommen werden [sollten], um den Kapitalmarkt anzukurbeln“.

Die Börsen in China reagierten positiv auf die Ankündigungen des Politbüros. Der Schanghaier CSI-300-Index der größten Unternehmen der Ostküste stieg am Donnerstag zeitweise um mehr als vier Prozent, der Hongkonger Hang Seng Index beendete den Handelstag 4,6 Prozent höher. Einige Fachleute halten die Maßnahmen dieser Woche jedoch nicht für ausreichend, um den strukturellen Wirtschaftsabschwung in China umzukehren.

„Ich glaube nicht, dass diese Maßnahmen einen Richtungswechsel darstellen“, sagte ein leitender Analyst aus der Region gegenüber der F.A.Z. „Und ich glaube auch nicht, dass sie eine belebende Wirkung auf den Immobilienmarkt haben oder das Vertrauen ausländischer Investoren stärken werden.“ Der einzige greifbare Vorteil der Maßnahmen sei, dass sie die Kapitalmärkte stützen werden, da die dahingehenden Maßnahmen die Erwartungen übertroffen haben. Dies werde sich positiv auf die Aktien- und die Rentenmärkte auswirken.

Zudem könnten die Maßnahmen indirekt auch den Unternehmen zugutekommen, die im Bereich der von Xi Jinping ausgerufenen „neuen Produktivkräfte“ tätig sind. Gemeint sind damit in China gemeinhin technologisch hochwertigere Güter wie Elektroautos, Solaranlagen und Batterien. „Die positive Wirkung wird wahrscheinlich ein oder zwei Wochen anhalten, und wenn es kontinuierliche Folgemaßnahmen gibt, könnte sie auch bis zum Jahresende anhalten“, so der Analyst.

Quelle: F.A.Z.

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/china-verteilt-bargeld-an-arme-menschen-investitionen-angekuendigt-110010797.html

https://de.marketscreener.com/boerse-nachrichten/nachrichten/China-verteilt-Bargeld-an-Arme-in-seltenem-Einsatz-von-Hilfe-47943067/

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/weltwirtschaft/china-konjunkturpaket-100.html

https://zeithistorische-forschungen.de/1-2022/6020

https://de.wikipedia.org/wiki/Armut_in_der_Volksrepublik_China

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