Während die deutsche Wirtschaft in eine Rezession schlittert, erlebt der Dax, Deutschlands wichtigster Aktienindex, einen Höhenflug. Wie passt das zusammen? Die Antwort liegt in der Struktur des Dax und der globalen Verflechtung der deutschen Wirtschaft.
Die Nachrichten aus der deutschen Wirtschaft klingen besorgniserregend: Die Konjunkturprognosen werden nach unten korrigiert, Unternehmen planen Stellenabbau und der Ifo-Geschäftsklimaindex sinkt. Gleichzeitig erreicht der Dax neue Rekordstände. Dieser scheinbare Widerspruch lässt sich erklären, wenn man die Zusammensetzung des Dax und die Internationalität der darin gelisteten Unternehmen betrachtet.
„Wir erleben einen Wahrnehmungsspagat“, sagt Pascal Spano, Leiter der Aktien- und Anleihenanalyse der Privatbank Metzler. „Auf der einen Seite die Aktienkursrekorde, auf der anderen Seite häuften sich die schlechten Nachrichten zur Lage der deutschen Wirtschaft.“
Der Dax bildet die Wertentwicklung der 40 größten und umsatzstärksten deutschen Unternehmen ab. Was viele nicht wissen: Diese Unternehmen erwirtschaften den Großteil ihrer Umsätze und Gewinne im Ausland. Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) berichtet, erzielen die Dax-Firmen etwa 80 Prozent ihrer Umsätze und 77 Prozent ihrer Gewinne außerhalb Deutschlands. Die schwache Konjunktur in Deutschland wirkt sich daher nur begrenzt auf die Gewinne der Dax-Konzerne aus.
Neben der Internationalität der Dax-Unternehmen tragen weitere Faktoren zum Höhenflug des Aktienmarktes bei. Die sinkende Inflation und die damit einhergehenden Zinssenkungen durch die Notenbanken machen Aktien im Vergleich zu festverzinslichen Wertpapieren attraktiver. Hinzu kommt die Hoffnung auf eine konjunkturelle Erholung in China, einem wichtigen Absatzmarkt für deutsche Unternehmen.
„Selbst die magische Marke von 20.000 Punkten im Dax fühlt sich nun greifbarer an“, zitiert die „FAZ“ Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank. Der jüngste Schub sei durch das Stimulierungsprogramm Chinas gekommen.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass nicht alle Aktien von der positiven Entwicklung des Dax profitieren. Insbesondere Unternehmen, die stark vom deutschen Markt abhängig sind, leiden unter der schwachen Konjunktur. Der M-Dax, der die Wertentwicklung mittelständischer Unternehmen abbildet, liegt deutlich unter seinem Rekordhoch aus dem Jahr 2021. Dies liegt daran, dass diese Unternehmen einen geringeren Anteil ihres Umsatzes im Ausland generieren.
Der Dax-Rekord trotz Rezession in Deutschland ist kein Widerspruch, sondern das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels verschiedener Faktoren. Die Internationalität der Dax-Unternehmen, sinkende Zinsen und die Hoffnung auf eine konjunkturelle Erholung in wichtigen Absatzmärkten treiben den Aktienmarkt an. Anleger sollten sich jedoch bewusst sein, dass nicht alle Unternehmen gleichermaßen von dieser Entwicklung profitieren und die Risiken einer Konjunkturabkühlung in wichtigen Märkten nicht zu unterschätzen sind.
