Dschihadistische Milizen haben im Nordwesten Syriens im Zuge einer Offensive die Kontrolle über mehr als 50 Städte und Dörfer erlangt. Wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte laut Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am Freitag berichtete, befinden sich diese Orte in den Regionen Aleppo und Idlib nun in der Hand von Hajat Tahrir al-Scham (HTS) und verbündeten Gruppierungen. Die Angaben der Beobachtungsstelle konnten zunächst nicht unabhängig verifiziert werden.
Diese Offensive stellt die heftigsten Kampfhandlungen zwischen islamistischen Rebellen und Regierungstruppen in der Region seit Jahren dar. Auslöser war am Mittwoch der Beginn einer Offensive unter dem Namen „Abschreckung der Aggressionen“ durch ein Bündnis islamistischer Rebellen. Laut der Beobachtungsstelle reagierten die Rebellen damit auf vorhergehenden Artilleriebeschuss ziviler Ziele durch die syrische Regierung.
Die syrische Armee antwortete auf die Offensive mit Angriffen auf über 60 Ziele in Idlib und dem Umland von Aleppo, unterstützt durch russische Kampfflugzeuge. Ein Sicherheitsbeamter erklärte, die Armee habe Verstärkung nach Aleppo geschickt, die Angreifer seien jedoch nicht bis an die Stadtgrenzen vorgedrungen. Der Kreml, so die FAZ, forderte die syrischen Behörden zur Wiederherstellung der Ordnung in Aleppo auf. Kremlsprecher Dmitri Peskow verurteilte die Offensive als Angriff auf die syrische Souveränität.
Die Vereinten Nationen berichten, dass aufgrund der intensiven Gefechte seit Mittwoch etwa 14.000 Menschen in der Umgebung von Idlib und westlich von Aleppo vertrieben wurden. David Carden, stellvertretender regionaler UN-Koordinator für humanitäre Hilfe in Syrien, äußerte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) seine Besorgnis über die sich verschlechternde humanitäre Lage. Es gebe Berichte über Kinder mit multiplen Schrapnellverletzungen.
Am Freitag wurden bei einem Angriff islamistischer Kämpfer auf ein Universitätsgelände in Aleppo vier Menschen getötet, wie die syrische Staatsagentur Sana und die Beobachtungsstelle melden. Bei den Opfern soll es sich um Studenten handeln. Die Rebellen bestreiten diese Darstellung.
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte zählt seit Beginn der Kämpfe am Mittwoch mindestens 242 Tote, darunter 24 Zivilisten.
Der syrische Bürgerkrieg, der 2011 begann, hat das Land tief gespalten. Machthaber Baschar al-Assad kontrolliert mit Unterstützung seiner Verbündeten Russland und Iran mittlerweile wieder zwei Drittel des Landes. Der Nordwesten befindet sich teilweise unter der Kontrolle von Oppositionskräften. Eine politische Lösung für den Konflikt ist nicht absehbar.
Quellen: - Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ): https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/beobachtungsstelle-dschihadisten-erobern-in-syrien-mehr-als-50-staedte-und-doerfer-110142786.html - tagesschau.de: https://www.tagesschau.de/ausland/asien/syrien-angriff-dschihadisten-100.html und https://www.tagesschau.de/ausland/asien/syrien-kaempfe-dschihadisten-100.html - Der Tagesspiegel: https://www.tagesspiegel.de/internationales/mindestens-231-tote-bei-heftigsten-kampfen-seit-jahren-dschihadisten-erobern-in-syrien-offenbar-mehr-als-50-stadte-und-dorfer-12789407.html und https://www.tagesspiegel.de/wissen/themen/syrien - RP Online: https://rp-online.de/politik/ausland/dschihadisten-in-syrien-erobern-ueber-50-staedte-und-doerfer_aid-121611271 - ORF: https://orf.at/stories/3377449/ - Tagesanzeiger: https://www.tagesanzeiger.ch/syrien-dschihadisten-erobern-laut-uno-50-staedte-und-doerfer-559645289053
