September 27, 2024
Europas Antwort auf Chinas wirtschaftlichen Aufstieg: Herausforderungen und Chancen

Der Aufstieg Chinas zur wirtschaftlichen Supermacht ist unbestreitbar. Die Volksrepublik hat in den letzten Jahrzehnten ein rasantes Wachstum hingelegt und ihren Einfluss auf der Weltbühne stetig ausgebaut. Dies stellt Europa vor neue Herausforderungen, insbesondere im Bereich der Industriepolitik. Moritz Schularick, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), mahnte in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ an, dass Europa dringend auf Chinas Vormarsch reagieren müsse.

Schularick betonte, dass China einen klaren Plan für seine Industrie verfolge, während Europa nach Antworten suche. „Der Kontrast könnte kaum stärker sein“, so Schularick in der „FAZ“. Auf dem jüngsten Bund-Gipfel in Schanghai, einem der letzten Foren für einen offenen Austausch zwischen westlichen und chinesischen Ökonomen, sei deutlich geworden, dass China seine Schwächen erkannt habe und gezielt an deren Behebung arbeite. Die Probleme des Landes bei der Bewältigung der massiven Immobilienkrise, die wachsende Unzufriedenheit der Bevölkerung mit dem lahmenden Wachstum und der interventionistischen Regierung, aber auch die bedrohlichen Folgen der alternden Bevölkerung für Wachstum und Innovation, würden von der chinesischen Führung ernst genommen.

Gleichzeitig zeige sich die Entschlossenheit Chinas, seine Industriepolitik weiter voranzutreiben und eine führende Rolle in Zukunftstechnologien einzunehmen. Europa hingegen wirke in seiner Reaktion oft zögerlich und uneins. Schularick warnte davor, die Herausforderungen durch Chinas Aufstieg zu unterschätzen. „Womöglich merken wir in fünf oder zehn Jahren, dass ganze Zukunftsbranchen in chinesischer Hand sind“, so der IfW-Präsident gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“.

Um dem entgegenzuwirken, brauche es laut Schularick ein klares und gemeinsames Vorgehen der europäischen Staaten. Er sprach sich für eine Stärkung der europäischen Industriepolitik aus, um die Wettbewerbsfähigkeit des Kontinents zu sichern. Dazu gehöre auch eine Überprüfung der europäischen Handelspolitik gegenüber China. Die EU-Kommission solle Chinas Subventionen prüfen und entsprechend reagieren, „zur Not auch mit Strafzöllen“, so Schularick in der „FAZ“.

Ein weiterer wichtiger Punkt sei die Stärkung der europäischen Verteidigungsfähigkeit. Schularick kritisierte die deutsche Haushaltspolitik als „Sicherheitsrisiko für Europa“ und forderte die Bundesregierung auf, mehr für Verteidigung auszugeben. „Wer sich dagegen aus dogmatischen Gründen neuen Krediten verweigert, stellt Partei über Land“, sagte Schularick mit Blick auf Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), der auf einen strikten Sparkurs pocht.

Europa habe Investitionen in seine Sicherheit vernachlässigt, sodass es die Ukraine ohne Hilfe der Vereinigten Staaten nicht ausreichend gegen Russland stützen könne. „Angesichts der labilen USA sollte sich Europa in absehbarer Zeit alleine verteidigen können“, sagte Schularick der „Süddeutschen Zeitung“.

Schularicks Aussagen verdeutlichen die Herausforderungen, vor denen Europa im Umgang mit Chinas Aufstieg steht. Es bleibt abzuwarten, ob die europäischen Staaten bereit und in der Lage sein werden, eine gemeinsame Antwort auf diese Herausforderungen zu finden.

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