Prälat Burkhard zur Nieden, der Prälat der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, wirbt für umfassende Reformen innerhalb der Kirche. Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (31.10.2024) berichtet, sieht er dringenden Handlungsbedarf angesichts sinkender Mitgliederzahlen, finanzieller Herausforderungen und des anhaltenden Nachwuchsmangels im Pfarramt. Zur Nieden betont die Notwendigkeit, sich frühzeitig auf ein mögliches Ende der Staatsleistungen vorzubereiten und neue, unabhängige Strukturen zu schaffen. Er argumentiert, dass spätere Verhandlungen mit dem Staat vermutlich zu schlechteren Konditionen führen würden und die Kirche auf ein Ende des staatlichen Kirchensteuereinzugs gänzlich unvorbereitet wäre.
Ein zentraler Aspekt seiner Reformvorschläge ist die Abschaffung des Beamtenstatus für Pfarrerinnen und Pfarrer. „Im Kern geht es um ein Kirchenbild: Wir wollen Leute anziehen, die Flexibilität nicht scheuen“, erklärt zur Nieden gegenüber der FAZ. Ein Angestelltenverhältnis biete mehr Möglichkeiten für berufliche Wechsel und neue Erfahrungen, die der Kirche zugutekämen. Zudem könnten Angestellte am Ende ihrer Laufbahn leichter einen Schritt zurücktreten, ohne finanzielle Einbußen bei der Pension befürchten zu müssen. Die gegenwärtig aktiven Pfarrerinnen und Pfarrer müssten sich zwar keine Sorgen um ihre Pension machen, so zur Nieden, doch für Berufsanfänger, die nach 2060 in den Ruhestand eintreten, sehe die Situation anders aus. Sinkende Finanzkraft der Kirche und nicht vollständig gegenfinanzierte Beamtenpensionen seien hier die Gründe. Hinzu kämen die nicht steuerbaren Kosten der Beihilfe für Beamte. Ein Angestelltenverhältnis mit gesetzlicher Rentenversicherung biete daher mehr Sicherheit und Unabhängigkeit von der kirchlichen Entwicklung.
Entlassungen von Pfarrerinnen und Pfarrern im Angestelltenverhältnis seien kein Grund zur Sorge, so zur Nieden. Bis 2032 gehe etwa die Hälfte der Pfarrerinnen und Pfarrer in den Ruhestand, während die Anfängerzahlen an den theologischen Fakultäten niedrig seien. Selbst bei einer schwierigen Entwicklung könne die Kirche die wenigen nachkommenden Pfarrpersonen bezahlen. Wie evangelisch.de (30.10.2024) berichtet, sucht die EKKW die enge Abstimmung mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und anderen Landeskirchen, um gemeinsam Lösungen für die drängenden Zukunftsfragen zu finden.
Die sinkenden Mitgliederzahlen und der damit verbundene Rückgang der Kirchensteuereinnahmen zwingen die Kirche, sich neu zu organisieren. Wie evangelisch.de (26.04.2024) berichtet, rechnet die EKKW bis Ende 2037 mit dem Eintritt von mehr als 440 Pfarrpersonen in den Ruhestand. Diesem enormen Personalverlust steht eine geringe Zahl an Nachwuchskräften gegenüber. Als Reaktion darauf plant die EKKW die Bildung regionaler Teams aus verschiedenen Berufsgruppen und Ehrenamtlichen. Diese transprofessionelle Zusammenarbeit soll die gestiegene Komplexität der Anforderungen in der kirchlichen Arbeit bewältigen und die Gemeindearbeit auch in Zukunft gewährleisten. Es gehe nicht darum, die Personalnot zu kompensieren, sondern ein zukunftsfähiges Arbeitsmodell zu schaffen, in dem alle Akteure ihre Kompetenzen einbringen können.
In einem Interview mit der HNA (31.10.2023) betonte zur Nieden die Notwendigkeit einer radikalen Aufarbeitung der Missbrauchsfälle innerhalb der Kirche und die Einnahme der Perspektive der Betroffenen. Er sieht die Kirche in der Pflicht, sich für Offenheit und Vielfalt einzusetzen und gegen Rechtsextremismus zu kämpfen. Trotz der aktuellen Krisen zeigt sich zur Nieden optimistisch. Wie ekkw.de (04.02.2022) berichtet, glaubt er an die Stärke der kirchlichen Botschaft und an eine bunte und vielfältige Zukunft der Kirche. Er ermutigt Pfarrerinnen und Pfarrer, neue Wege zu gehen und will ihnen dabei den Rücken freihalten.
Quellen: