Die Ankündigung der georgischen Regierung, die Beitrittsgespräche mit der EU bis 2028 auszusetzen, hat in Tiflis und anderen Städten des Landes zu massiven Protesten geführt. Tausende Menschen demonstrierten am Donnerstagabend vor dem Parlament in Tiflis und blockierten wichtige Verkehrsachsen. Sie zeigten georgische und EU-Flaggen und machten ihrem Unmut über die Entscheidung der Regierung Luft. (Tagesschau)
Die Polizei reagierte mit Absperrungen von Regierungsgebäuden und setzte später Pfefferspray und Wasserwerfer gegen die Protestierenden ein. Berichte von AFP und anderen Medien sprechen von Gewalt gegen Demonstranten und Journalisten. Georgische Medien berichten von mindestens 18 verletzten Polizisten und einer unbekannten Anzahl verletzter Demonstranten. Es soll auch zu Festnahmen gekommen sein. Die Proteste dauerten bis in die frühen Morgenstunden an und fanden auch in anderen Städten wie Batumi, Kutaissi, Gori und Sugdidi statt. (AFP, Zeit)
Präsidentin Salome Surabischwili solidarisierte sich mit den Demonstranten in Tiflis und appellierte an die Sicherheitskräfte, Zurückhaltung zu üben. Sie bezeichnete das Vorgehen der Regierung als „konstitutionellen Putsch“ und forderte Neuwahlen. Die Parlamentswahl im Oktober war von Vorwürfen der Wahlmanipulation überschattet. Die Regierungspartei „Georgischer Traum“ wurde offiziell zum Sieger erklärt, die Opposition spricht jedoch von Wahlbetrug und boykottiert das Parlament. Surabischwili sieht Russland und Präsident Putin hinter den mutmaßlichen Manipulationen. (Süddeutsche Zeitung)
Ministerpräsident Irakli Kobachidse hatte die Aussetzung der EU-Beitrittsgespräche am Donnerstag im Parlament verkündet. Als Begründung nannte er angeblichen Druck seitens der EU und die damit verbundene Spaltung der georgischen Gesellschaft. Bis Ende 2028 wolle Georgien weder Beitrittsverhandlungen mit Brüssel führen noch EU-Gelder annehmen. Kobachidse forderte die EU auf, die „nationalen Interessen und traditionellen Werte“ Georgiens zu respektieren. Zuvor hatte er europäischen Ländern und den USA vorgeworfen, Georgien in den Krieg zwischen Russland und der Ukraine hineinziehen zu wollen. (Frankfurter Rundschau)
Georgien hatte im Dezember 2023 zusammen mit der Ukraine und Moldau den Status eines EU-Beitrittskandidaten erhalten. Das Verhältnis zur EU hat sich jedoch in den vergangenen Monaten deutlich verschlechtert. Die Regierungspartei verfolgt einen zunehmend europakritischen Kurs und versucht, angeblichen ausländischen Einfluss im Land einzudämmen. Die Süddeutsche Zeitung zieht Parallelen zwischen den Methoden der georgischen Regierung und denen Russlands. Auch die EU hat die Annäherung an Georgien aufgrund dieser Entwicklungen vorerst gestoppt. Die Opposition hingegen bekennt sich weiterhin zum europäischen Kurs.
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