September 26, 2024
Gesetzentwurf zur Bekämpfung von sexuellem Missbrauch: Ein Schritt in die falsche Richtung

Sexueller Missbrauch: Ein Aufarbeitungsgesetz ist es nicht

Der Bundestag befasst sich derzeit mit einem Gesetzentwurf, der die Strukturen zur Bekämpfung von sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen stärken soll. Doch Kritiker bemängeln, dass es sich dabei nicht um ein wirkliches Aufarbeitungsgesetz handelt.

Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, hat das Bundesfamilienministerium fast ein Jahr benötigt, um einen Gesetzentwurf zur Verankerung des Amtes der „Unabhängigen Beauftragten für Fragen sexuellen Kindesmissbrauchs“ (UBSKM) vorzulegen. Im April 2024 ging das „Gesetz zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen“ in die Verbändeanhörung. Bereits zwei Monate später passierte der Entwurf das Kabinett – ohne dass Änderungsvorschläge von Betroffenen oder anderen Beteiligten eingeflossen wären.

Zwar sieht der Gesetzentwurf die Einrichtung eines Betroffenenrates und einer Unabhängigen Aufarbeitungskommission vor. Diese sollen die Belange und Anliegen von Betroffenen besser berücksichtigen und Aufarbeitungsprozesse in Einrichtungen und Strukturen begleiten. Doch Kritiker bemängeln, dass das Gesetz den Betroffenen kein Recht auf Aufarbeitung einräumt. So sind beispielsweise Akteneinsichts- und Auskunftsrechte nicht vorgesehen.

Die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, sprach sich gegenüber dem Tagesspiegel für ein staatliches Aufarbeitungsgesetz aus, das allen Betroffenen einen Rechtsanspruch auf Aufarbeitung ihrer Fälle einräumt. Dieses müsse unabhängig davon gelten, ob die Fälle in den Kirchen, im Sport, in Schulen oder Familien stattfanden.

Auch die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs fordert ein gesetzlich verankertes Recht auf Aufarbeitung. Die Kommission setzt sich dafür ein, dass Betroffene in Aufarbeitungsprozessen mehr Rechte erhalten, wie beispielsweise Akteneinsichts- und Auskunftsrechte. Zudem sollen Institutionen zur Aufarbeitung verpflichtet werden.

Es bleibt abzuwarten, ob der Bundestag den Forderungen der Kritiker nachkommen wird. Sollten die Akteneinsichts- und Auskunftsrechte nicht im Gesetz verankert werden, wäre dies ein herber Rückschlag für die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in Deutschland.

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