Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) und die Zeit (8. November 2024) berichten, wird Robert Habeck heute seine Kandidatur als Kanzlerkandidat der Grünen offiziell bekanntgeben. Zuvor hatten bereits der „Spiegel“ und die ARD darüber berichtet. Der Bundesparteitag der Grünen, der kommende Woche Freitag in Wiesbaden beginnt, wird die Bühne für die offizielle Nominierung sein. Dort wird Habeck die Delegierten um ihre Unterstützung bitten, um mit dem nötigen Rückhalt in den Wahlkampf zu starten.
Bereits am Vortag deutete Habeck diesen Schritt in den sozialen Medien an. Nach fast sechs Jahren Abwesenheit kehrte er auf die Plattform X zurück. In einem Post schrieb er: „Orte wie diesen den Schreihälsen und Populisten zu überlassen ist leicht. Aber es sich leicht zu machen kann nicht die Lösung sein. Nicht heute. Nicht in dieser Woche. Nicht in dieser Zeit. Deshalb bin ich wieder auf X“. Auch auf Instagram ist Habeck nun wieder präsent. Ein weiterer Post zeigt ihn beim Redigieren eines Manuskripts. Im Hintergrund ist ein Kalender zu sehen, auf dem der 8. November rot markiert ist. Dazu summt er die Melodie von Herbert Grönemeyers „Zeit, dass sich was dreht“. Der Post trägt den Titel „Von hier an anders“ – gleichzeitig der Titel eines Buches von Habeck.
Habeck, bekannt für seinen Realo-Kurs, hofft, Wählerinnen und Wähler aus der politischen Mitte zu gewinnen. Als Vizekanzler hat er Kompromisse mitgetragen, die im linken Flügel seiner Partei auf Kritik stießen – beispielsweise Verschärfungen in der Migrationspolitik. Wie der Tagesspiegel (8. November 2024) berichtet, darf er es mit der Abgrenzung zur eigenen Partei, mit der er immer wieder kokettiert, nicht übertreiben. Schließlich geben die Wählerinnen und Wähler ihre Stimme für eine Partei ab.
Auch seine Kritiker innerhalb der Partei wissen, dass Habeck, trotz der durch das Heizungsgesetz entstandenen Belastung, eines der Zugpferde der Grünen ist. Im Rededuell mit CDU-Chef Friedrich Merz und SPD-Spitzenmann Olaf Scholz dürfte er mit seinem Charisma punkten. Gleichzeitig birgt Habecks Vorliebe für spontane Reden Risiken: Er könnte den falschen Ton treffen oder sich mit Fakten vergreifen.
Die Personalie war bereits seit Längerem ein offenes Geheimnis. Im Juli hatte Annalena Baerbock, Habecks einzige ernstzunehmende Konkurrentin, erklärt, dass sie nicht als Kanzlerkandidatin antreten wolle. Ende September sagte sie im ARD-„Bericht aus Berlin“: „Robert Habeck ist derjenige, der uns in den Bundestagswahlkampf führt.“ Habeck selbst hatte sein Interesse an der Spitzenkandidatur bereits deutlich gemacht. Ende September sagte er im ZDF-„heute journal“, man solle auf dem Parteitag eine ehrliche Debatte darüber führen, „wer wir sein wollen, was wir in den Regierungsjahren gemacht haben, was wir geleistet haben und welche Personen – und ob ich eine der Personen sein kann, die diese Partei dann in den nächsten Jahren nach vorne führt“. Das Verhältnis zwischen Baerbock und Habeck gilt als nicht unbelastet, nachdem sie sich 2021 gegen ihn als Kanzlerkandidatin durchgesetzt hatte. Im anstehenden Wahlkampf wollen beide jedoch an einem Strang ziehen.
Habecks Chancen, tatsächlich Kanzler zu werden, sind angesichts der aktuellen Umfragen, in denen die Grünen bei 9 bis 11 Prozent liegen, begrenzt. Die Grünen verweisen in diesem Zusammenhang gerne auf die nur geringfügig besseren Umfragewerte der SPD, die ebenfalls einen Kanzlerkandidaten ins Rennen schickt. Die schlechte Wirtschaftslage in Deutschland stellt für Habeck eine zusätzliche Herausforderung dar. Er selbst führt die Situation unter anderem auf den Verlust russischer Energieimporte infolge des Ukraine-Kriegs und verschleppte Reformen der Vorgängerregierungen zurück. Als Wirtschaftsminister wird er dieses Thema jedoch kaum abschütteln können.
Ende August skizzierte Habeck bei einem Wahlkampfauftritt in Sachsen, wo seine Partei wenige Tage später herbe Verluste hinnehmen musste, seine Vorstellung vom Bundestagswahlkampf. Er glaubt an die Möglichkeit eines Stimmungsumschwungs: „Und es muss nur irgendein Kristallisationspunkt kommen, wo wir uns selbst beweisen, dass wir viel, viel besser in Deutschland sind, als die Stimmungslage und die Umfragen es im Moment zeigen. Wenn das passiert, dann kann wirklich alles passieren“, sagte er damals.
Quellen: