28.10.2024
Hessische Grüne fordern Aufklärung im Fall Ewald

Im hessischen Landesverband der Grünen wächst der Druck auf den Ko-Vorsitzenden Andreas Ewald. Wie die F.A.Z. berichtet, fordern immer mehr Politiker der Partei eine transparente Aufklärung der Vorwürfe gegen Ewald im Zusammenhang mit zwei Auslandsreisen.

Ewald hatte sich von einer israelischen Organisation und vom US-Generalkonsulat zu zwei Auslandsreisen einladen lassen. Kritiker werfen ihm vor, damit gegen Compliance-Richtlinien der Grünen und möglicherweise gegen das Parteiengesetz verstoßen zu haben. Die Frankfurter Kreisvorsitzende Julia Frank äußerte in einem Schreiben, das der F.A.Z. vorliegt, die Situation sei „mehr als unbefriedigend“. Sie bemängelt den Umgang des geschäftsführenden Vorstands mit den Vorwürfen. „Je weniger Transparenz ihr walten lasst, desto mehr nähren sich die Gerüchte“, schreibt sie. Frank fordert Ewald und Schatzmeisterin Nina Eisenhardt auf, „die Kommunikation mit dem Bundesvorstand, Bundesschiedsgericht, o.ä. wegen Befangenheit in andere Hände zu geben“.

Frank formulierte elf Fragen und schickte eine Kopie ihres Schreibens auch an den aus Frankfurt stammenden Bundesvorsitzenden Omid Nouripour. Sie fordert ihn auf, für Aufklärung zu sorgen und empfiehlt, „eine unabhängige Kommission mit einem Prüfauftrag zu benennen“.

Die Kritik an Ewald hatte bereits am Wochenende zugenommen, nachdem die Ko-Chefin der Grünen, Kathrin Anders, in einem Schreiben auf Distanz zu ihm gegangen war. Sie habe im ersten Halbjahr von den Reisen erfahren und sei davon ausgegangen, dass diese geprüft worden seien. Darum habe sie mehrfach nach den entsprechenden Prüfungen und Abstimmungen gefragt, so Anders.

Im Gespräch mit der F.A.Z. zeigte Frank Verständnis für Anders‘ Vorstoß. Sie habe diesen Schritt gehen müssen, weil sie verzweifelt gewesen sei, dass ihre Fragen im kleinen Kreis nicht beantwortet worden seien. Mit Frank hat die Vertreterin des mitgliederstärksten hessischen Kreisverbandes dem Ko-Vorsitzenden ihr Misstrauen ausgesprochen.

Am Samstag waren rund 35 Parteifreunde zu einer wegen der Vorgänge einberufenen Schaltkonferenz der Kreisvorsitzenden zusammengekommen. Aus der von Ewald verlesenen Erklärung ergab sich, dass seine Auskunft, der Bundesvorstand und Steuerberater hätten seine Dienstreisen für „in Ordnung“ befunden, nicht zutrifft. Nach übereinstimmenden Angaben aus Teilnehmerkreisen führte Ewald in der Konferenz nur einen „Austausch“ mit der Bundesgeschäftsstelle an und berichtete, dass man auf einen „kostenpflichtigen externen Prüfungsbericht verzichtet“ habe. Nicht alle Teilnehmer der Diskussion zeigte die Erklärung zufrieden.

Matthias Schimpf, hauptamtlicher Kreisbeigeordneter im Kreis Bergstraße, sagte, bei dem ganzen Vorgang handele es sich nur um eine „Kampagne“ der F.A.Z. Wenn dies zutreffe, gebe es nur eine klare Reaktion: „Man nimmt sich die Vorwürfe Punkt für Punkt vor und entkräftet sie.“ Das sei aber offensichtlich nicht geschehen.

Ähnlich äußerte sich nach Angaben aus Teilnehmerkreisen Heiko Depner aus Ewalds Kreisverband Darmstadt. Die in dieselbe Richtung gehende, dezidierte Wortmeldung der Wiesbadenerin Rebecca Thomas fiel auf, weil ihr Kreisverband von dem Vorsitzenden der Landtagsfraktion, Mathias Wagner, angeführt wird. Dieser gilt als wichtigster Unterstützer Ewalds. Auch die Landtagsfraktion kam zu einer Sondersitzung zusammen. Der Abgeordnete Tarek Al-Wazir soll berichtet haben, dass auch er selbst schon einmal eine Einladung in die USA angenommen habe. Daran gebe es nichts zu beanstanden. Aus den Reihen der innerparteilichen Kritiker hieß es dazu, das sei eine „Nebelkerze“ gewesen und nicht mit dem aktuellen Fall vergleichbar. Al-Wazir sei im Gegensatz zu Ewald nie ausschließlich Parteivorsitzender, sondern immer auch Chef der Landtagsfraktion gewesen.

Als Parlamentarier könne man ohne weiteres an solchen Reisen teilnehmen. Das gelte aber nicht für Parteichefs. Wenn Dritte die Kosten übernähmen, die eigentlich Sache der Partei seien, handele es sich um Spenden. Sie anzunehmen sei illegal, wenn sie, wie in diesem Fall, aus dem außereuropäischen Ausland stammten.

Ewald und Anders reagierten auf die getrennt an sie gerichtete Frage nach ihrer Einschätzung der aktuellen Entwicklung gemeinsam. „Aufgekommene Fragen zur Finanzierung der Delegationsreisen nehmen wir als Landesvorstand selbstverständlich ernst“, heißt es in der Antwort. Die Bewertung der Sachlage liege nun in der Hand der Bundestagsverwaltung. „Sollten sich von dort Hinweise ergeben, die eine Neubewertung der Reisen erfordern, werden wir dem selbstverständlich vollumfänglich nachkommen und die Mitglieder informieren.“ Im Landesvorstand werde man die nächsten innerparteilichen Schritte zur transparenten Klärung der Abläufe besprechen und diese dann in der Partei kommunizieren.

Die von Frank ins Spiel gebrachte Bundespartei wird nicht erwähnt. Dabei fanden in der vergangenen Woche Schaltkonferenzen statt, an denen Vertreter der hessischen Grünen und der Bundesgeschäftsstelle teilnahmen. Bei der Beratung des Entwurfs einer Erklärung zu den Auslandsreisen des Ko-Vorsitzenden Ewald machte Bundesvorsitzender Omid Nouripour den Vorschlag, Aufklärung und die Herstellung von Transparenz anzukündigen. Wagner soll mit den Worten „Das machen wir nicht!“ reagiert haben. Mit dem Satz konfrontiert, ließ er am Montag mitteilen, dass er nicht seiner Haltung entspreche. Er schließe sich dem Statement der beiden Landesvorsitzenden an.

Quelle: F.A.Z.

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