29.11.2024
Kirchentag Und Reformpädagogik Neue Studie Untersucht Historische Verbindungen

Neue Studie untersucht Rolle bekannter Reformpädagogen beim Deutschen Evangelischen Kirchentag

Eine vom Deutschen Evangelischen Kirchentag (DEKT) in Auftrag gegebene und vom Historiker Uwe Kaminsky durchgeführte Studie untersucht die Rolle der Reformpädagogen Hartmut von Hentig, Gerold Becker und Helmut Kentler beim Kirchentag. Die Studie, die Aktenmaterial und Befragungen von Ehren- und Hauptamtlichen des DEKT bis 1999 auswertete, fand keine Hinweise auf Taten sexualisierter Gewalt oder die Verbreitung pädophiler Inhalte durch die drei Pädagogen auf Kirchentagen. Dies berichtete evangelisch.de im Zusammenhang mit einer Pressekonferenz in Fulda. Der ehemalige Kirchentagspräsident Thomas de Maizière betonte jedoch, dass das Fehlen von Beweisen nicht das Nichtvorhandensein von Taten bedeute (evangelisch.de).

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) ordnet die Studie in den Kontext der gesellschaftlichen Debatte über sexuellen Missbrauch ein, die im Januar 2010 durch die Enthüllungen am Canisius-Kolleg ausgelöst wurde und zwei Monate später mit den aufgedeckten Übergriffen an der Odenwaldschule ihren Höhepunkt erreichte. Gerold Becker, ehemaliger Schulleiter der Odenwaldschule und Lebensgefährte von Hartmut von Hentig, stand im Zentrum des Skandals. Die FAZ spricht von einer „protestantischen Variante des Missbrauchs“, die Becker und von Hentig repräsentierten und die in einem elitären Netzwerk verankert gewesen sei.

Die Studie beleuchtet die langjährige Präsenz und den Einfluss von Hentig, Becker und Kentler auf Kirchentagen seit den 1960er Jahren. Alle drei Pädagogen gerieten später im Zusammenhang mit sexualisierter Gewalt in die Kritik, Kentler und Becker auch als Täter, so evangelisch.de. Kentler vermittelte im sogenannten "Kentler-Experiment" Kinder an pädophile Pflegeväter, Becker wurde von ehemaligen Odenwaldschülern als Haupttäter beschuldigt.

Als Konsequenz aus der Studie verbessert der DEKT sein Schutzkonzept für den Kirchentag 2025 in Hannover. Geplant sind erweiterte polizeiliche Führungszeugnisse, Schulungen und eine Telefonhotline (evangelisch.de und Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ)). Der DEKT sieht einen Zusammenhang zwischen den ehrenamtlichen Strukturen und der Tatsache, dass das Wirken der beiden Täter und eines Unterstützers lange Zeit unentdeckt blieb (evangelisch.de). Die HAZ zitiert den Kulturbeauftragten der EKD, Johann Hinrich Claussen, der die Rolle des Kirchentags bei der Verleihung von Prestige an die Odenwaldschule kritisiert.

Die jungle.world berichtet über eine Vorstudie der Humboldt-Universität zu Berlin, die den Zusammenhang zwischen bestimmten sexualpädagogischen Ansätzen und Missbrauch in kirchlichen Institutionen untersucht. Der MDR wiederum berichtet über die Aufarbeitung des Umgangs mit Pädophilie in der ökumenischen Arbeitsgruppe Homosexualität und Kirche (HuK).

Quellen: - Frankfurter Allgemeine Zeitung: https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/neue-studie-paedophilie-auf-dem-kirchentag-110143946.html - Evangelisch.de: https://www.evangelisch.de/inhalte/236680/29-11-2024/studie-zu-paedophilie-kirchentag-will-schutz-vor-missbrauch-verbessern - Evangelisch.de: https://www.evangelisch.de/inhalte/236124/15-11-2024/neue-paedophilie-studie-kirchentag-stellt-sich-verantwortung - Hannoversche Allgemeine Zeitung: https://www.haz.de/der-norden/evangelischer-kirchentag-will-schutz-vor-missbrauch-verbessern-DUPACMKCNRGGFL6LSXHP5MKK2Y.html - jungle.world: https://jungle.world/artikel/2023/34/missbrauch-aufklaeren - MDR: https://www.mdr.de/religion/haltung-kirche-huk-zu-paedophilie-paedosexualitaet-studie-100.html - zeitzeichen: https://zeitzeichen.net/node/11541 - C.H. Beck: https://www.beck-shop.de/kaminsky-paedophilie-fokus/product/37477463?srsltid=AfmBOoq8i-4HoPDahhjXRxwe0W2rLA5qr2vMmp9RGXFRw22ADIxS0XmS
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