Sachsen steht vor einer richtungsweisenden Woche. Ministerpräsident Michael Kretschmer kämpft um seine Wiederwahl, doch der Weg dahin ist mit Hürden und Unsicherheiten gepflastert. Obwohl die SPD-Basis dem Koalitionsvertrag mit der CDU zugestimmt hat, fehlt Kretschmer laut Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) noch die benötigte Mehrheit im Landtag. Die Zustimmung der SPD-Mitglieder fiel mit 78,1 Prozent zwar deutlich aus, die geringe Wahlbeteiligung von 37,1 Prozent lässt Kretschmer die absolute Mehrheit von 61 Stimmen im ersten Wahlgang vermissen.
Die Lage wird durch zwei Gegenkandidaten zusätzlich erschwert: Jörg Urban (AfD) und Matthias Berger (Freie Wähler). Berger plant laut MDR Sachsen, für eine „Expertenregierung“ nach Schweizer Vorbild zu werben, an der sich alle Fraktionen beteiligen sollen. Die F.A.Z. betont die vielen Unklarheiten in den aktuellen Planspielen der Fraktionen, von der Anzahl der Wahlgänge über die endgültige Kandidatenliste bis hin zur Gestaltung der Stimmzettel.
Ein weiterer Streitpunkt, der die Wahl beeinflusst, ist die Gültigkeit von Nein-Stimmen. Grüne und der von ihnen konsultierte Verfassungsrechtler Fabian Michl halten es laut MDR Sachsen für verfassungsrechtlich notwendig, auch bei mehreren Kandidaten Nein-Stimmen zuzulassen, die als Stimmen gegen alle Kandidaten gewertet werden sollten. Landtagspräsident Alexander Dierks (CDU) widerspricht dieser Ansicht und beruft sich auf ein unabhängiges Rechtsgutachten, das Nein-Stimmen nur bei einem einzigen Kandidaten vorsieht. Die Leipziger Zeitung berichtet, dass die Grünen einen entsprechenden Antrag im Landtag planen. Die Nein-Stimmen könnten im zweiten Wahlgang, in dem die einfache Mehrheit entscheidet, ausschlaggebend sein.
Die Süddeutsche Zeitung analysiert die Lage und unterstreicht die Unvorhersehbarkeit des Wahlausgangs. Die CDU/SPD-Koalition benötigt zehn zusätzliche Stimmen für die absolute Mehrheit. Die Grünen haben Kretschmer bereits ihre Stimme verweigert. Das BSW, mit dem die Sondierungsgespräche scheiterten, und die Linke haben sich noch nicht final positioniert. Wie das ZDF berichtet, loten sowohl Urban als auch Berger im Hintergrund ihre Chancen aus und halten sich offen, in welchem Wahlgang sie antreten. Urban gab an, die AfD sei mit Abgeordneten aller Fraktionen im Gespräch. Berger setzt auf Kooperation und hofft auf Unterstützung für sein Konzept einer Expertenregierung.
Die Tagesschau berichtete über die Zustimmung der CDU zum Koalitionsvertrag mit der SPD. Kretschmer betonte die Notwendigkeit des Zusammenhalts im Parlament und verwies auf die historische Erfahrung der Weimarer Republik. Trotz der Zustimmung gibt es innerhalb der CDU Skeptiker, die das Experiment einer Minderheitsregierung kritisch betrachten.
Quellen: - Frankfurter Allgemeine Zeitung: https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/sachsen-kretschmer-hat-vor-der-wahl-noch-keine-mehrheit-110178441.html - MDR Sachsen: https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/politik-wahl-ministerpraesident-abstimmung-gesetz-nein-100.html - MDR Sachsen: https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/politik/landtagswahl/liveticker-ministerpraesident-kretschmer-berger-100.html - Süddeutsche Zeitung: https://www.sueddeutsche.de/politik/sachsen-ministerpraesident-wahl-cdu-li.3167363?reduced=true - ZDF: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/sachsen-ministerpraesident-wahl-kretschmer-100.html - Handelsblatt: https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/sachsen-weg-fuer-cdu-spd-minderheitsregierung-in-sachsen-frei/100095164.html - Leipziger Zeitung: https://www.l-iz.de/politik/sachsen/2024/12/grune-ministerprasident-wahl-611993 - Tagesschau: https://www.tagesschau.de/inland/regional/sachsen/mdr-regierungsbildung-in-sachsen--woche-der-entscheidung-100.html