Machtkampf in Südkorea eskaliert zur Regierungskrise
Südkorea erlebt eine dramatische Regierungskrise. Am 3. Dezember 2024 verhängte Präsident Yoon Suk Yeol überraschend das Kriegsrecht und beorderte, wie die Tagesschau (
https://www.tagesschau.de/ausland/asien/suedkorea-praesident-kriegsrecht-100.html) berichtete, Truppen zum Parlament. Dieser Schritt erfolgte im Kontext eines anhaltenden Haushaltsstreits. Yoon warf der Opposition vor, mit Nordkorea zu sympathisieren und staatsfeindliche Aktivitäten zu betreiben, die die Regierungsarbeit lähmten. In einer Fernsehansprache, so die FAZ (
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/regierungskrise-in-suedkorea-yoon-erlaubte-einsatz-von-waffen-110201030.html), begründete Yoon den Ausnahmezustand mit der Notwendigkeit, "pro-nordkoreanische Kräfte auszuschalten und die verfassungsmäßige Ordnung der Freiheit zu schützen". Er bat die Bevölkerung um Vertrauen und darum, "einige Unannehmlichkeiten" hinzunehmen.
Generalstabschef Park An Su verkündete im Anschluss an Yoons Rede ein Verbot aller politischen Aktivitäten, darunter die Arbeit der Nationalversammlung, Gemeinderäte, Parteien und politischen Vereinigungen. Versammlungen und Demonstrationen wurden verboten, Medien und Publikationen der Kontrolle des Kriegsrechtskommandos unterstellt. Wie lange der Ausnahmezustand dauern soll, blieb zunächst offen.
Yoons Ankündigung führte zu sofortigen Protesten vor dem Parlamentsgebäude in Seoul. Demonstranten forderten Yoons Rücktritt und die Aufhebung des Kriegsrechts. Das Gebäude wurde zunächst vom Militär abgeriegelt, später jedoch von Bereitschaftspolizei abgelöst, wie ein dpa-Reporter vor Ort beobachtete.
Im Parlament selbst spielten sich chaotische Szenen ab. Soldaten versuchten, in das Gebäude einzudringen, wurden aber von Parlamentsmitarbeitern mit Feuerlöschern zurückgedrängt. Dennoch gelang es 190 Abgeordneten, ins Parlamentsgebäude zu gelangen. Dort stimmten sie, wie Parlamentspräsident Woo Won Shik bekanntgab, einstimmig für die Aufhebung des Kriegsrechts. Die südkoreanische Verfassung sieht die Aufhebung des Kriegsrechts vor, wenn eine Mehrheit im 300 Sitze umfassenden Parlament dies beschließt. Das Militär erklärte jedoch, es werde das Kriegsrecht aufrechterhalten, bis der Präsident es aufhebt.
Die Opposition verurteilte Yoons Vorgehen als verfassungswidrig. Kritik kam auch aus den Reihen der Regierungspartei. Der Vorsitzende der regierenden konservativen Volksmacht-Partei (PPP), Han Dong Hoon, nannte das Kriegsrecht "falsch" und kündigte an, es "gemeinsam mit dem Volk stoppen" zu wollen.
Die derzeitige Krise verdeutlicht die tiefe politische Spaltung in Südkorea, wie der Südkorea-Experte Eric J. Ballbach im Tagesschau-Interview (
https://www.tagesschau.de/ausland/asien/suedkorea-praesident-kriegsrecht-krise-100.html) erklärte. Seit dem Wahlsieg der Opposition im April habe Präsident Yoon Schwierigkeiten, seine innenpolitischen Ziele umzusetzen. Die Haushaltsverhandlungen waren zuletzt gescheitert. Die Opposition versuchte außerdem, drei Staatsanwälte zu entheben, was von den Konservativen als Rachefeldzug interpretiert wurde.
Ballbach betonte den extremen und demokratieunwürdigen Charakter der Verhängung des Kriegsrechts. Yoon scheine angesichts sinkender Zustimmungswerte und der Blockadehaltung der Opposition in die Ecke gedrängt. Die Reaktion der Bevölkerung und des Parlaments zeige jedoch die Stärke der südkoreanischen Demokratie.
Die Opposition strebt nun ein Amtsenthebungsverfahren gegen Yoon an. Dafür benötigt sie jedoch auch Stimmen aus dem Regierungslager. Im Falle einer Amtsenthebung würden innerhalb von 60 Tagen Neuwahlen stattfinden. Die US-Regierung erklärte, sie beobachte die Situation genau und stehe mit der Regierung in Seoul in Kontakt.