19.12.2024
Misshandlungsvorwürfe erschüttern JVA Augsburg-Gablingen

Schwere Misshandlungsvorwürfe gegen JVA Augsburg-Gablingen

Die JVA Augsburg-Gablingen sieht sich schwerwiegenden Anschuldigungen wegen Misshandlung und rechtswidriger Unterbringung von Gefangenen gegenüber. Wie die „Zeit“ am 19. Dezember 2024 berichtete, sollen Insassen über Wochen in „besonders gesicherten Hafträumen“ festgehalten worden sein. Die „Augsburger Allgemeine“ präzisierte, basierend auf einer Antwort des bayerischen Justizministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Landtagsfraktion, dass mindestens zwei Gefangene 24 Tage ununterbrochen in diesen Spezialzellen untergebracht waren.

Die Staatsanwaltschaft Augsburg ermittelt gegen 17 Bedienstete der JVA Gablingen. Im Zentrum der Ermittlungen steht der Verdacht der Misshandlung von Häftlingen in den eigentlich für suizidgefährdete oder besonders aggressive Gefangene vorgesehenen Sicherheits-Hafträumen. Auch die ehemalige Anstaltsleiterin und ihre Stellvertreterin werden untersucht. Für alle Beschuldigten gilt bis zum Abschluss des Verfahrens die Unschuldsvermutung. Die Staatsanwaltschaft hat die JVA seit Oktober mehrfach durchsucht und Beweismittel sichergestellt.

Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) gestand im Landtag Versäumnisse in der JVA Gablingen ein. Laut „Zeit“ soll zukünftig ein Richter die Unterbringung in den besonders gesicherten Hafträumen ab einer bestimmten Dauer genehmigen müssen. Bisher lag diese Entscheidung allein bei der Gefängnisleitung. Eine vom Ministerium eingesetzte Kommission soll nun Richtlinien für die Nutzung dieser Spezialzellen erarbeiten.

Kontraste und der BR enthüllten weitere Details. Ehemalige Insassen und eine ehemalige Anstaltsärztin berichteten von Gewalt durch JVA-Personal, nackter Einsperrung in den fensterlosen Sonderzellen und mangelnder Versorgung. Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter bestätigte, bereits im August 2024 Hinweise auf Vertuschungsversuche der JVA erhalten zu haben, um die Zustände in den Spezialzellen zu verbergen. Recherchen von Kontraste und BR zufolge war das bayerische Justizministerium bereits seit über einem Jahr über die Vorwürfe informiert.

Auch aus der JVA Kaisheim, der vorherigen Wirkungsstätte der beschuldigten stellvertretenden Leiterin der JVA Gablingen, werden Vorwürfe laut. Ehemalige Mitarbeiter schilderten dem BR ein Klima der Angst und willkürliche Entscheidungen unter ihrer Führung. Auch von einer Meuterei wegen verkürzter Hofgangzeiten wurde berichtet. Die Verteidigung der Beschuldigten verweist auf mögliche Subkulturen innerhalb der JVA und die Notwendigkeit von Veränderungen, die jedoch nicht immer auf Zustimmung stoßen.

Die Vorfälle in Augsburg-Gablingen werfen Fragen nach der Kontrolle im Strafvollzug auf. Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Meiningen (Az. 4 StVK 550/24 Vollz), das eine Urinkontrolle unter vollständiger Entkleidung als rechtswidrig einstufte, unterstreicht die Bedeutung der Wahrung von Gefangenenrechten und die Notwendigkeit schonenderer Methoden. Die Diskussion über Resozialisierung und die Gewährleistung von Grundrechten im Strafvollzug wird durch die Vorfälle in Augsburg-Gablingen neu belebt.

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