September 27, 2024
Netanjahu warnt vor den Folgen iranischer Aggressionen in der UN-Generalversammlung

Netanjahu richtet scharfe Warnung an den Iran vor der UN-Generalversammlung

Unter dem Eindruck des anhaltenden Konflikts im Nahen Osten richtete der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu auf der UN-Generalversammlung in New York scharfe Warnungen an den Iran. Wie die F.A.Z. berichtet, wurde Israel in der Woche zuvor auf der Versammlung stark kritisiert. Netanjahu, der eigentlich aufgrund des Kriegszustandes seines Landes nicht nach New York reisen wollte, sah sich durch die seiner Meinung nach zahlreichen Unwahrheiten zum Handeln gezwungen.

In seiner Rede betonte er das Friedensbestreben Israels, unterstrich jedoch die Notwendigkeit zur Selbstverteidigung. Als treibende Kraft hinter den Konflikten identifizierte Netanjahu den Iran. Er warf Teheran vor, die sich anbahnende Normalisierung der Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und Israel durch den Hamas-Angriff am 7. Oktober gezielt torpediert zu haben. Nach Netanjahus Darstellung folgten auf den Angriff Raketenangriffe der Huthi im Jemen, der Hisbollah im Libanon und weiterer pro-iranischer Milizen. Sogar ein direkter Angriff auf Israel sei von Teheran ausgegangen. Mit deutlichen Worten richtete sich der israelische Premierminister an die iranische Führung: „Wenn ihr uns angreift, greifen wir euch an.“ Der Generalversammlung versicherte er: „Wir gewinnen.“

Ein Ende des Gazakrieges sieht Netanjahu nur im Falle einer Kapitulation der Hamas. Andernfalls werde Israel „bis zum totalen Sieg“ kämpfen. Gleiches gelte für die Hisbollah. Der US-Regierung in Washington machte er unmissverständlich klar, dass Amerika derartige Angriffe auf sein Territorium nicht dulden würde. Israel werde nicht eher ruhen, bis die Bürger in den Norden des Landes zurückkehren könnten, so Netanjahu. Die amerikanisch-französische Initiative für einen Waffenstillstand zwischen Israel und der Hisbollah blieb in seiner Rede unerwähnt.

Die deutlichen Worte Netanjahus richteten sich insbesondere an die US-Regierung unter Präsident Biden, die zunehmend ungeduldig auf die Politik der israelischen Regierung reagiert. John Kirby, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, zeigte sich irritiert über Netanjahus jüngste Kehrtwende in Bezug auf die vorgeschlagene Waffenruhe. Die USA hätten die Initiative für eine 21-tägige Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah nicht ergriffen, wenn sie nicht von der Zustimmung Israels ausgegangen wären, so Kirby. Die Beweggründe für Netanjahus Ablehnung blieben ihm unklar.

Kirbys Aussagen spiegeln die Verärgerung westlicher Diplomaten über Netanjahus Rückzieher wider. Auch in europäischen Diplomatengreisen herrscht Unverständnis, wenngleich viele die Erfahrung gemacht haben, dass Netanjahu für unvorhersehbare Entscheidungen bekannt ist. Bereits am Vortag hatte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock die Situation im Nahen Osten in ihrer Rede vor der UN-Generaldebatte thematisiert. Ihrer Ansicht nach könne dauerhafte Sicherheit für Israel nur durch dauerhafte Sicherheit für die Palästinenser erreicht werden und umgekehrt. Daher unterstütze eine Gruppe von Staaten den Vorschlag einer Waffenruhe entlang der „Blauen Linie“, so Baerbock.

Die Eskalation der Lage im Norden Israels bringe keiner Seite mehr Sicherheit, mahnte Baerbock. Trotz des mangelnden Fortschritts und der damit verbundenen Frustration dürfe die Suche nach einer politischen Vision für ein Ende der Kämpfe nicht aufgegeben werden. Der Frust bezog sich dabei nicht nur auf Netanjahu. Dem Iran und der Hisbollah wurde bereits deutlich gemacht, dass der Westen nach einem von der pro-iranischen Miliz provozierten Krieg den Libanon nicht erneut finanziell unterstützen werde. Angesichts der bereits hohen finanziellen Belastung durch die Militärhilfe für die Ukraine seien die Mittel begrenzt.

Nach dem 7. Oktober setzte der Westen auf einen Waffenstillstand im Gazastreifen, um ein Übergreifen des Konflikts auf den Norden zu verhindern. Nun habe sich die Priorität verschoben: Die Verhinderung eines umfassenden Krieges im Libanon sei zur Voraussetzung für einen Waffenstillstand im Gazastreifen geworden.

Quelle: F.A.Z.

Weitere
Artikel