September 27, 2024
Neuer Rahmen für Abschiebungen in die Türkei

Deutschland hat neu ausgehandelte Abschiebeflüge in die Türkei aufgenommen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr. Zuvor hatte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ darüber berichtet.

Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet, sollen zunächst 200 türkische Staatsbürger in die Türkei zurückgebracht werden. Die Rückführungen sollen schrittweise und dezentral über Linienflüge erfolgen. Die Bundesländer sind in den Prozess eingebunden, beispielsweise bei der Beschaffung notwendiger Dokumente.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bestätigte die Abschiebungen in einem Interview mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Sie betonte, dass Rückführungen in die Türkei nun „schneller und effektiver“ erfolgen könnten. Die Türkei nehme Staatsbürger, die nicht in Deutschland bleiben dürften, schneller zurück. Faeser sprach von einem „großen Fortschritt“ und einem „weiteren Baustein zur Begrenzung der irregulären Migration“.

Im Vergleich zu bisherigen Migrationsabkommen, beispielsweise mit Usbekistan oder Kenia, könnten die Rückführungen in die Türkei Abschiebungen in größerem Stil ermöglichen. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Asylbewerber aus der Türkei gestiegen. Allerdings sind Abschiebungen in die Türkei aufgrund ihrer geopolitischen Bedeutung politisch sensibel.

In der Vergangenheit hatte es aus deutschen Diplomatenkreisen geheißen, die Türkei blockiere die Rücknahme ausreisepflichtiger Türken unter Berufung auf rechtliche Bedenken. Laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der AfD wurden im Jahr 2023 knapp 1.300 türkische Staatsbürger aus Deutschland abgeschoben. Ende April 2024 waren laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge rund 14.500 Türken in Deutschland ausreisepflichtig.

Ob die Einigung mit der Türkei auch Zugeständnisse an Ankara beinhaltet, ist unklar. Die Türkei fordert seit Langem Visa-Erleichterungen für ihre Bürger. In der Türkei wird immer wieder der Vorwurf laut, Visa-Anträge würden grundlos abgelehnt und die langen Wartezeiten seien kalkuliert.

Zwischen 2018 und 2023 wurden nur für Menschen aus China, dem bevölkerungsreichsten Land der Erde, mehr Visa erteilt als für türkische Staatsbürger. Allein in den ersten fünf Monaten dieses Jahres hat Deutschland fast 16.000 nationale Visa an türkische Antragsteller ausgestellt. Im Vergleichszeitraum 2019 waren es weniger als die Hälfte.

Die Türkei steht derzeit auf Platz drei der wichtigsten Herkunftsländer von Asylbewerbern in Deutschland. In den ersten acht Monaten dieses Jahres stellten 21.590 türkische Staatsbürger einen Asylantrag in Deutschland. Asylexperten führen den Anstieg der Asylanträge aus der Türkei unter anderem auf die Folgen des verheerenden Erdbebens im Jahr 2023 zurück.

Der Druck auf die Ampel-Regierung, die Zahl der Abschiebungen zu erhöhen, war unter anderem in den vergangenen Wahlkämpfen gewachsen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte an, „in großem Stil“ abschieben zu wollen. Die Flüchtlingsrechtsorganisation Pro Asyl kritisierte diesen Kurs. Eine Rückführungsvereinbarung des Bundeskanzlers mit dem türkischen Präsidenten bezeichnete Pro Asyl als „unverantwortlich“. Die Regierung in Ankara steht wegen der Menschenrechtslage und des Vorgehens gegen politische Gegner in der Kritik. Laut Pro Asyl sind die meisten türkischen Asylbewerber in Deutschland Kurden.

Quellen:

- https://www.zeit.de/news/2024-09-27/neu-vereinbarte-abschiebefluege-in-tuerkei-starten

- dpa

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