23.11.2024
Putins Eskalation Die Chronik falscher Entspannungspolitik

Russlands nukleare Rhetorik: Ein gefährliches Spiel mit dem Feuer

Russlands Präsident Wladimir Putin setzt im Ukraine-Krieg immer wieder auf nukleare Drohgebärden. Wie Konrad Schuller in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (F.A.S.) kommentiert, ist diese Rhetorik besorgniserregend und darf nicht ignoriert werden, auch wenn Putin den Westen bereits mehrfach mit dem Atomtod gedroht hat (F.A.S., 23.11.2024). Die jüngsten Entwicklungen, darunter der Eintritt Nordkoreas auf russischer Seite und die Erlaubnis westlicher Staaten, dass die Ukraine mit gelieferten Waffen auch Ziele in Russland angreifen darf, haben zu einer weiteren Eskalation der nuklearen Rhetorik geführt. Putin hat die Schwelle zum Atomkrieg rhetorisch gesenkt und droht mit Angriffen auf westliche Waffenlieferanten. Er befahl sogar den Einsatz einer atomwaffentauglichen Mittelstreckenrakete gegen die Ukraine, wenn auch ohne Atomsprengkopf (F.A.S., 23.11.2024). Schuller argumentiert, dass der Westen bei der Eindämmung Russlands auf atomare Abschreckung angewiesen ist, die jedoch inherent riskant ist. Abschreckung funktioniert nur, solange das Risiko eines Atomkriegs real ist und alle Beteiligten es fürchten. Der F.A.S.-Kommentator betont, dass der Angriff auf die Ukraine ein Angriff auf Europa ist und freie Gesellschaften sich gegen einen nuklear-terroristischen Aggressor schützen müssen. Das Restrisiko der Abschreckung sei der Preis der Demokratie (F.A.S., 23.11.2024). Schuller widerspricht der Darstellung Moskaus, die NATO habe Russland zum Krieg gezwungen. Er argumentiert, dass westliche Politiker Russland seit dem Ende der Sowjetunion umworben und Übergriffe geduldet haben. Die Ukraine wurde nicht zum antirussischen Stützpunkt gemacht. Im Gegenteil: US-Präsident George H. Bush warnte 1991 vor der Unabhängigkeitserklärung der Ukraine und Washington drängte Kiew später, seine Atomwaffen an Russland abzugeben (F.A.S., 23.11.2024). Auch die NATO warb um Russland und verpflichtete sich 1997, im Falle eines Beitritts neuer Mitglieder keine substanziellen Kräfte permanent in Osteuropa zu stationieren. Die Ukraine wurde aus Rücksicht auf Moskau bis heute nicht in die NATO aufgenommen. Die NATO hat sich in dieser Zeit weitgehend entwaffnet, während der Westen Russland immer wieder wirtschaftlich unterstützte, auch als Russland bereits Kriege in Tschetschenien und anderen Ländern führte (F.A.S., 23.11.2024). Russland interpretierte diese Freundlichkeiten als Schwäche. Jeder Krieg wurde brutaler als der vorherige und die fehlende Abschreckung ließ einen Kult des Angriffskriegs in Russland entstehen. Die laue Reaktion des Westens auf die Annexion der Krim ermutigte Putin schließlich zum Angriff auf die Ukraine (F.A.S., 23.11.2024). Der Westen habe das abstrakte Risiko der Abschreckung lange gescheut und stehe nun vor der konkreten Realität eines Krieges, der lehre: Frieden schützt man nur durch Stärke (F.A.S., 23.11.2024). Auch Foreign Policy analysiert die Situation und kommt zu dem Schluss, dass Putins nukleare Drohungen eine neue Stufe im sogenannten „Brinkmanship“ darstellen (Foreign Policy, 23.05.2024). Putin simuliert Atomangriffe, die wahrscheinlich nicht nur die Ukraine, sondern auch NATO-Mitglieder ins Visier nehmen. Die Botschaft aus Moskau sei eine rote Linie gegen NATO-Bodentruppen in der Ukraine. Sowohl die USA als auch Russland wollen einen direkten Kampf und einen Atomkrieg vermeiden (Foreign Policy, 23.05.2024). Foreign Policy argumentiert weiter, dass Russland mit dem nuklearen Säbel rasselt, um aus dem „Brinkmanship“ einen Nutzen zu ziehen. Während des Kalten Krieges nutzten die USA und die Sowjetunion solche Drohungen nicht, um konventionelle Ziele zu erreichen. Der Krieg in der Ukraine hat diese Selbstgefälligkeit ins Wanken gebracht. Der Kreml behauptet, die Invasion sei eine existenzielle Bedrohung für Russland und die NATO-Unterstützung für die Ukraine gleichbedeutend mit einer strategischen Niederlage Russlands (Foreign Policy, 23.05.2024). Zusätzlich beleuchtet ein Artikel der EU-Kommission die Verbreitung von Mythen und Desinformation im Zusammenhang mit dem Krieg. Diese Narrative reichen von der Behauptung eines ukrainischen Genozids an Russischsprachigen bis zur Darstellung Russlands als Retter traditioneller Werte (Europäische Kommission). Quellen: - Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (F.A.S.), 23.11.2024: "Russlands nukleare Drohungen: Preis der falschen Entspannung" (https://www.faz.net/aktuell/politik/ukraine/russlands-nukleare-drohungen-preis-der-falschen-entspannung-110128158.html) - Foreign Policy, 23.05.2024: "Russland droht mit Atomwaffen – und fordert eine Reaktion des Westens" (https://www.fr.de/politik/putin-usa-russland-ukraine-krieg-plaene-abschreckung-nuklear-kubakrise-russland-drohung-atomwaffen-zr-93079236.html) - Europäische Kommission: "13 Mythen über den Krieg Russlands in der Ukraine – und die Wahrheit" (https://germany.representation.ec.europa.eu/13-mythen-uber-den-krieg-russlands-der-ukraine-und-die-wahrheit_de) - Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.), 23.11.2024: "Ukraine-Liveticker: Pistorius warnt: „Unsere Sicherheit ist ein fragiles Gut“" (https://www.faz.net/aktuell/politik/ukraine/ukraine-liveticker-pistorius-warnt-unsere-sicherheit-ist-ein-fragiles-gut-19030454.html) - Länder-Analysen: "Die russische Debatte über Sergej Karaganows Artikel vom 13. Juni 2023" (https://laender-analysen.de/russland-analysen/439/die-russische-debatte-ueber-sergej-karaganows-artikel-vom-13-juni-2023-eine-schwerwiegende-aber-notwendige-entscheidung-der/)
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