Im Nordwesten Syriens wüten die heftigsten Gefechte seit Jahren. Rebellen sind laut Berichten der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die ihren Sitz in Großbritannien hat, in die Millionenstadt Aleppo vorgedrungen. Dies bestätigte auch der Leiter der Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa), wie unter anderem die Zeit (https://www.zeit.de/news/2024-11/29/rebellen-in-syrien-erreichen-laut-aktivisten-aleppo) berichtet. Augenzeugen in Aleppo schilderten der dpa, dass sie Rebellenfahrzeuge im westlichen Stadtteil gesehen und beobachtet hätten, wie Einwohner Bilder von Präsident Baschar al-Assad zerrissen. Weitere Anwohner berichteten von Explosionen und Gefechtslärm. Laut dpa ist dies der erste Vorstoß von Aufständischen in Aleppo seit 2016.
Ein Bündnis islamistischer Rebellengruppen erklärte, seine Kämpfer lieferten sich in den westlichen Vororten Aleppos Gefechte mit Regierungstruppen. Das syrische Verteidigungsministerium bestätigte heftige Angriffe im Umland von Aleppo und Idlib. Aus Rebellengruppen verlautete, die Kämpfer seien von Süden und Westen nach Aleppo vorgerückt und hätten die Kontrolle über mehr als 50 Orte im Umland erlangt. Darunter befindet sich laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte auch Sarakeb, ein strategisch wichtiger Ort an der Verbindungsstraße zwischen Damaskus und Aleppo.
Die Kämpfe begannen am Mittwoch im Zuge einer Offensive, die von der Rebellenallianz als „Abschreckung der Aggressionen“ bezeichnet wird. Die syrische Armee reagierte mit Angriffen auf zahlreiche Ziele in Idlib und dem Umland von Aleppo, unterstützt von russischen Kampfflugzeugen. Beobachter gehen davon aus, dass die Offensive seit Monaten geplant war, da sich die Situation in den letzten Wochen bereits verschärft hatte.
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldet seit Beginn der Kämpfe am Mittwoch mindestens 255 Tote, darunter mindestens 24 Zivilisten. Die Organisation stützt sich auf Informationen eines Netzwerks von Informanten vor Ort. Die Vereinten Nationen berichten von rund 14.000 Vertriebenen im Gebiet um Idlib und westlich von Aleppo. Viele flohen aus Furcht vor einer Eskalation der Gewalt. Ein Bewohner West-Aleppos sagte gegenüber der dpa: „Die Menschen haben Angst. Ich packe meine Sachen und meine Familie und fahre Richtung Damaskus.“ David Carden, der stellvertretende regionale UN-Koordinator für humanitäre Hilfe in Syrien, unterstrich die sich verschlechternde Lage der Zivilbevölkerung und berichtete von Kindern mit Schrapnellverletzungen.
Die Kämpfe um Aleppo erinnern an die erbitterte Schlacht um die Stadt in den ersten Jahren des Bürgerkriegs. Damals wurden die Aufständischen vom syrischen Militär und seinen Verbündeten aus dem Osten Aleppos vertrieben. Die Schlacht gilt als eine der brutalsten des seit 2011 andauernden Konflikts. Idlib befindet sich seit Jahren unter der Kontrolle von Aufständischen.
Der Bürgerkrieg hat Syrien tief gespalten. Präsident Assad, der zwischenzeitlich stark unter Druck geraten war, kontrolliert mit Unterstützung seiner Verbündeten Russland und Iran wieder zwei Drittel des Landes. Der Nordwesten bleibt teilweise unter der Kontrolle von Oppositionskräften. Eine politische Lösung ist nicht absehbar. Millionen Syrer sind aufgrund des Krieges ins Ausland geflohen, viele auch nach Europa.
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