30.11.2024
Testierfreiheit Und Pflichtteilsanspruch Ein Spannungsfeld Im Erbrecht

Grenzen der Testierfreiheit: Testamente vor Gericht

Die Freiheit, über sein Erbe zu bestimmen, ist zwar grundsätzlich gegeben, doch stößt sie mitunter an rechtliche Grenzen. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am 30.11.2024 berichtete, landen auch ungewöhnlich anmutende Testamentsklauseln vor Gericht. Von Vorgaben zur Partnerwahl der Kinder bis hin zu Hausverboten – die Rechtsprechung kennt diverse Fälle, in denen Erblasser versuchten, ihren Nachkommen über den Tod hinaus Vorschriften zu machen.

Die FAZ verweist auf das Portal „Die Erbschützer“, welches eine Sammlung solcher Gerichtsentscheidungen führt. Diese belegen, dass die Testierfreiheit nicht absolut ist. So kann ein Testament zum Beispiel angefochten werden, wenn es sittenwidrige Auflagen enthält oder der Testamentverfasser zum Zeitpunkt der Errichtung nicht geschäftsfähig war.

Bestimmten Angehörigen, in der Regel Ehepartnern und Kindern, steht ein Pflichtteilsanspruch zu, wie Rose & Partner auf ihrer Website erläutern. Dieser Anspruch besteht unabhängig von einer Enterbung und beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Nur unter eng umrissenen Voraussetzungen, beispielsweise bei schwerwiegendem Fehlverhalten des Pflichtteilsberechtigten gegenüber dem Erblasser, kann der Pflichtteil entzogen werden. Dies bedarf einer expliziten Festlegung im Testament und muss im Streitfall vom Erben nachgewiesen werden.

Auch die Kanzlei Menz und Partner betont, dass eine Enterbung nicht gleichbedeutend mit dem Verlust des Pflichtteils ist. Ein Pflichtteilsentzug muss im Testament eindeutig formuliert und begründet sein. Um die gewünschte Nachfolgeregelung rechtssicher zu gestalten und spätere Rechtsstreitigkeiten zu verhindern, raten die Anwälte zu frühzeitiger anwaltlicher Beratung.

Wie erbrechtsinfo.com erläutert, reicht "grober Undank" allein nicht aus, um einen Pflichtteilsentzug zu rechtfertigen. Die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür sind hoch und erfordern gravierende Verfehlungen des Pflichtteilsberechtigten, wie zum Beispiel einen Mordversuch oder schwere Körperverletzung. Anders sieht es bei Schenkungen zu Lebzeiten aus: Hier kann grober Undank unter Umständen einen Rückforderungsanspruch begründen.

Advocado.de erklärt, dass eine Enterbung grundsätzlich formlos möglich ist und keiner Begründung bedarf. Es genügt, den Betroffenen im Testament nicht zu berücksichtigen oder ihn ausdrücklich von der Erbfolge auszuschließen. Auch hier wird auf den fortbestehenden Pflichtteilsanspruch hingewiesen.

Die Rechtsanwaltskanzlei Schmidt in Bochum unterstreicht ebenfalls die Testierfreiheit und die Möglichkeit der ausdrücklichen oder stillschweigenden Enterbung. Auch hier wird darauf hingewiesen, dass enterbte Pflichtteilsberechtigte sich an die Erben wenden müssen, um Auskunft über den Nachlass zu erhalten und ihren Pflichtteil geltend zu machen.

Quellen:

  • https://www.faz.net/aktuell/finanzen/testamente-vor-gericht-enterben-klappt-nicht-immer-110143291.html
  • https://www.rosepartner.de/rechtsberatung/erbrecht-nachfolge/erbrecht-erbschaft-testament/pflichtteil-enterbung-beratung-und-vertretung/pflichtteil-reduzierung-schenkung-verzicht.html
  • https://menzundpartner.de/news/kind-enterben-da-kein-kontakt
  • https://www.erbrechtsinfo.com/vererben/enterben-wegen-grobem-undank/
  • https://www.rosepartner.de/pflichtteil-entziehen-enterbung.html
  • https://www.erbrechtsinfo.com/vererben/enterben/
  • https://www.advocado.de/ratgeber/erbrecht/enterbung/enterbung.html
  • https://theo-schmidt.de/rechtsgebiete/erbrecht/enterbung-und-pflichtteil/
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