23.11.2024
Thüringer Brombeer-Koalition: Einigung mit Friedensfokus

Thüringen: Brombeer-Koalition besiegelt - Sachsen wählt anderen Weg

Nach wochenlangen Verhandlungen haben CDU, BSW und SPD in Thüringen einen Koalitionsvertrag für eine sogenannte „Brombeer-Koalition“ unterzeichnet. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, wurde die Einigung am Freitag im Thüringer Landtag der Öffentlichkeit präsentiert. Der Vertrag enthält Kompromisse zu den lange umstrittenen Themen Frieden und Mittelstreckenraketen. Wie der MDR berichtet, wurde die Präambel zum Regierungsprogramm nicht verändert, jedoch wurden Ergänzungen im Vertragstext vorgenommen. So heißt es nun im Kapitel zur Europapolitik, dass die Stationierung von Mittelstreckenraketen von vielen Menschen „als eine fundamentale Veränderung der strategischen und militärischen Lage in Europa und auch in Deutschland“ begriffen werde. Eine Stationierung und deren Verwendung ohne deutsche Mitsprache sehe man kritisch. Der Tagesspiegel zitiert den CDU-Chef Mario Voigt, der voraussichtlich im Dezember zum Ministerpräsidenten gewählt wird, mit den Worten, der Koalitionsvertrag sei das „Fundament für eine neue, handlungsfähige Regierung“. Die Verhandlungen seien von Freundlichkeit und Pragmatismus geprägt gewesen. SPD-Chef Georg Maier betonte laut Tagesspiegel die Notwendigkeit, aufeinander zuzugehen, obwohl die Parteien „nicht füreinander geschaffen“ seien.

Die BSW-Landeschefin Sabine Zimmermann sieht die Einigung in Thüringen als verpasste Chance für Sachsen. Wie die Zeit berichtet, erklärte Zimmermann, dass in Thüringen CDU und SPD von Anfang an den Willen zu einer stabilen Regierung gezeigt hätten. „Die Rahmenbedingungen waren andere. In Sachsen haben vor allem die SPD, aber auch die CDU an alten Zöpfen und Machtoptionen festgehalten. Sie wollten ein Weiter so, das BSW aber einen Neustart. Diese Chance ist von Michael Kretschmer und Henning Homann verschenkt worden.“ In Sachsen waren die Sondierungsgespräche zwischen CDU, SPD und BSW gescheitert, da man sich in Fragen der Friedenspolitik, Migration und Finanzen nicht einigen konnte. Wie die Zeit weiter berichtet, streben CDU und SPD in Sachsen nun eine Minderheitsregierung an.

Die Verhandlungen in Thüringen waren zwischenzeitlich durch die Einmischung von BSW-Chefin Sahra Wagenknecht ins Stocken geraten. Wie der Spiegel berichtet, hatte Wagenknecht das Thüringer Sondierungspapier zunächst hart kritisiert und konkrete Forderungen in Bezug auf die Friedenspolitik gestellt. Der MDR berichtete am 31. Oktober, dass der Bundesvorstand des BSW in einem Beschluss den Thüringer Landesverband aufgefordert hatte, in den Koalitionsverhandlungen außenpolitische Positionen zu konkretisieren. Andernfalls solle man in die Opposition gehen. Laut ZDF äußerte sich Wagenknecht später positiv zum Koalitionsvertrag und betonte den Erfolg des Drucks ihrer Partei. Die Kritik habe dazu beigetragen, „in Thüringen jetzt wesentlich stärker die Handschrift des BSW zu verankern und auch friedenspolitisch klarere Positionen, etwa eine Kritik an den US-Raketenplänen, durchzusetzen“.

Die Süddeutsche Zeitung berichtete am 18. Oktober, dass die BSW-Landeschefin Katja Wolf nach einer Vorstandssitzung in Erfurt das „Signal auf Gelb“ gestellt hatte. Ohne Klarheit in der Friedensfrage werde es mit dem BSW keinen Eintritt in Koalitionsverhandlungen geben. Die CDU machte hingegen den Weg für Verhandlungen frei. Die Tagesschau fasst die Situation in den ostdeutschen Bundesländern zusammen und hebt die Rolle Wagenknechts bei den Verhandlungen hervor. Sie betont die Bedeutung des BSW für die Regierungsbildung in Sachsen, Thüringen und Brandenburg und den Einfluss der Parteichefin, die zwar betont, sich nicht einzumischen, aber immer wieder auf inhaltliche Forderungen besteht.

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