Trotz EU-Sanktionen strebt der russische Milliardär Alischer Usmanow die Rückkehr an die Spitze des Internationalen Fechtverbandes (FIE) an. Die Wahl findet am Samstag in Taschkent statt, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) berichtet. Usmanow, der die FIE bereits von 2008 bis 2022 präsidierte, hatte sich im März 2022 aufgrund der Sanktionen „selbst suspendiert“. Er begründete dies damals nicht mit dem Ukraine-Krieg, sondern mit der seiner Meinung nach ungerechtfertigten Behandlung durch die EU. Die F.A.Z. hebt Usmanows jahrelange, beträchtliche Investitionen in den Fechtsport hervor, die „Inside the Games“ im Oktober 2022 auf 90 Millionen Franken bezifferte.
Die EU sanktionierte Usmanow im Februar 2022 als „Pro-Kreml-Oligarch mit besonders engen Verbindungen zu Wladimir Putin“ und beschuldigte ihn, als Putins „Strohmann“ dessen „geschäftliche Probleme gelöst“ zu haben. Ähnliche Vorwürfe kamen auch vom US-Finanzministerium. Usmanow bestreitet diese Darstellung und betont, sein Verhältnis zu Putin beschränke sich auf übliche Begegnungen eines Geschäftsmanns und Sportfunktionärs seines Ranges mit dem russischen Präsidenten. Seine Klage gegen die Sanktionen wurde im Februar 2023 vom Europäischen Gerichtshof abgewiesen. Laut F.A.Z. steht Usmanow derzeit in 38 Staaten unter Sanktionen, darunter auch in der Schweiz, dem Sitz der FIE in Lausanne. Eine Anfrage der F.A.Z. an Usmanow beantwortete dessen Pressedienst mit Respektlosigkeitsvorwürfen und der Androhung juristischer Schritte. Nur wenige Fragen wurden inhaltlich beantwortet, so etwa die Begründung, dass die Leistung des FIE-Präsidenten nicht von der Anzahl der besuchten Länder abhänge. Usmanow habe sein Amt „vorrangig aus zwei, drei Ländern geführt“, ohne die Leistungen der FIE zu beeinträchtigen.
Usmanows Kandidatur wird von der russischen Regierung begrüßt. Sportminister Michail Degtjarjow sieht die Unterstützung für Usmanow als Zeichen, dass in der „Welt des Sports“ Verdienste mehr zählen als „diskriminierende Prinzipien in Bezug auf die Bürger einzelner Länder“. Wie die Deutsche Welle (DW) berichtet, tritt Usmanow gegen den Schweden Otto Drakenberg an. Drakenberg bezeichnet sich als „unfreiwilligen Kandidaten“ und räumt geringe Erfolgsaussichten ein. Er wolle dennoch eine Alternative bieten. Der schwedische Fechtverband legte Einspruch gegen Usmanows Kandidatur ein und verwies auf die Sanktionen. Die FIE argumentiert, die Kandidatur verstoße nicht gegen die Statuten des Verbandes oder des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Laut DW untersucht die Ethikkommission der FIE den Fall.
Usmanow genießt innerhalb der FIE breite Unterstützung. Laut FIE unterstützen ihn 103 nationale Verbände. Die DW betont Usmanows millionenschwere Investitionen in den Fechtsport über Jahre, die einen Großteil der FIE-Einnahmen ausmachten. Ein Sieg Usmanows könnte die FIE jedoch in Schwierigkeiten bringen, da aufgrund der Schweizer Sanktionen gegen Usmanow die Gefahr besteht, dass die Vermögenswerte der Organisation eingefroren werden. Es wird spekuliert, dass sich Usmanow im Falle seiner Wahl erneut selbst suspendieren könnte. Die Berliner Zeitung berichtet, dass ein ARD-Vorwurf gegen Usmanow wegen angeblicher Bestechung im Fechtsport rechtskräftig verboten wurde. Usmanow hatte sich gegen die Behauptungen der ARD-„Sportschau“ gewehrt.
Die FIE hatte im März 2023 als einer der ersten olympischen Weltverbände russische und belarussische Athleten wieder zugelassen. Drakenberg kritisiert diese Entscheidung als „traurig und schwach“ und befürchtet den Verlust des olympischen Status für den Fechtsport, sollte sich der Weltverband nicht reformieren. Er fordert mehr finanzielle Unabhängigkeit und stärkere Einbindung aller Nationen mit olympischen Ambitionen.
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