Nach den schwerwiegenden Misshandlungsvorwürfen gegen Bedienstete der Justizvollzugsanstalt (JVA) Augsburg-Gablingen sieht Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) Fehler im bisherigen Überwachungssystem von Gefängnissen. Wie die Zeit am 7. November 2024 berichtete, räumte Eisenreich im Rechtsausschuss des Landtags in München ein: "Es sind Fehler passiert, daraus müssen wir Konsequenzen ziehen." Die Augsburger Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit gegen 16 Mitarbeiter der JVA, darunter die ehemalige stellvertretende Anstaltsleiterin. Die Vorwürfe beziehen sich hauptsächlich auf mögliche Körperverletzungsdelikte, insbesondere in den sogenannten "besonders gesicherten Hafträumen". Für die Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.
Eisenreich erklärte, die Vorwürfe, ursprünglich von einer Anstaltsärztin gemeldet, seien dem Ministerium bereits vor etwa einem Jahr bekannt gewesen. Trotz Einschaltung der Staatsanwaltschaft kam es zunächst zu keinem Ermittlungsverfahren. Erst im Oktober 2024 sah die Staatsanwaltschaft ausreichend Hinweise für eine Durchsuchung der JVA Gablingen und die Sicherstellung von Unterlagen. Wie die Süddeutsche Zeitung am 7. November 2024 berichtete, gab Eisenreich zu, die Dimension der Vorwürfe sei in seinem Haus unterschätzt worden. Er selbst sei erst im Oktober 2023 von den Hinweisen der JVA-Ärztin informiert worden. "Rückblickend muss man trotzdem sagen, dass man hätte mehr tun müssen", so Eisenreich. Er habe bereits verschiedene Konsequenzen gezogen, darunter die Einführung von mehr und besseren Kontrollmechanismen für Gefängnisse.
Die Augsburger Allgemeine berichtete am 31. Oktober 2024, dass die Anwälte der suspendierten Vize-Gefängnisleiterin die Vorwürfe zurückweisen und Ministerpräsident Markus Söder aufgefordert haben, dem Justizministerium die Aufsicht über die JVA Augsburg-Gablingen zu entziehen. Auch die Grünen-Opposition im Landtag kritisierte das Ministerium scharf. Wie auf der Webseite der Grünen-Fraktion im Bayerischen Landtag vom 6. November 2024 zu lesen ist, befürchten die Grünen Verdunklungsgefahr und fordern umfassende Aufklärung. Sie stellen unter anderem die Frage, wann genau Minister Eisenreich von den Vorwürfen erfahren hat und ob nach den ersten Hinweisen im Herbst 2023 weitere Vorfälle stattgefunden haben. Die Grünen fordern außerdem Aufklärung darüber, ob Zeug*innen unter Druck gesetzt oder Beweismittel vernichtet wurden. Auch die Frage nach der Situation in anderen bayerischen Gefängnissen wird aufgeworfen.
Die Borkener Zeitung berichtete am 31. Oktober 2024, dass Grüne und SPD dem Justizministerium vorwerfen, die Misshandlungsvorwürfe nicht ernst genug genommen zu haben. Sie kritisieren, dass das Ministerium nach den ersten Hinweisen nicht konsequent und schnell genug reagiert habe. Der Grünen-Rechtssprecher Toni Schuberl forderte Ministerpräsident Söder auf, sich einzuschalten.
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