Der Gegensatz zwischen ländlichen und städtischen Gebieten in den USA ist ein wiederkehrendes Thema, das oft im Kontext von Wahlen diskutiert wird. Dabei wird die ländliche Bevölkerung häufig mit konservativen Werten und der Unterstützung von Donald Trump gleichgesetzt, wie auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung in einem Interview mit dem Historiker Steven Conn am 4.11.2024 berichtet. Conn kritisiert diese Verallgemeinerung und betont die Vielschichtigkeit ländlicher Regionen. So weist er auf die Diversität der Bevölkerung in Staaten wie New Mexico hin, wo indigene und hispanische Einwohner die Mehrheit bilden. Auch die Annahme eines typischen Trump-Wählers sei irreführend, da dessen Anhänger von Milliardären bis hin zu arbeitslosen Kohlearbeitern reichen.
Conn sieht den Konflikt weniger als einen zwischen Stadt und Land, sondern vielmehr als einen zwischen zwei konkurrierenden Formen des amerikanischen Nationalismus. Der eine, ein ziviler Nationalismus, basiert auf dem Verfassungsgrundsatz "E Pluribus Unum" und der Idee, dass jeder, der die Verfassung achtet, Amerikaner sein kann, unabhängig von Herkunft oder Religion. Der andere ist ein rassistischer Nationalismus, der auf "Blut und Boden" basiert und ein weißes, christliches Amerika propagiert. Diese beiden Versionen des Nationalismus, so Conn, stehen seit jeher im Wettstreit miteinander.
Die taz beschreibt in einem Artikel vom 4.3.2024 am Beispiel des Bundesstaates Colorado die politischen Gegensätze zwischen den liberalen Großstädten und den konservativen ländlichen Gebieten. Während Denver boomt und eine progressive Politik verfolgt, dominieren in den ländlichen Regionen die Republikaner. Der Artikel porträtiert den republikanischen Abgeordneten Richard Holtorf, der die Werte der Landbevölkerung vertritt und die zunehmende Migration als existenzielle Bedrohung für die USA sieht. Er vergleicht die Situation an der Grenze mit dem Vorlauf zum 11. September und befürchtet "Schläferzellen".
Auch der Philosoph Peter Sloterdijk sieht in Europa verstärkt Stadt-Land-Konflikte, wie der Tagesspiegel am 21.06.2024 berichtet. Er bezeichnet den Populismus als "Rache des Landes an der Stadt" und sieht in Protesten wie der Gelbwestenbewegung den Ausdruck der Unzufriedenheit der ländlichen Bevölkerung. Sloterdijk kritisiert die Unterschätzung des Stadt-Land-Gegensatzes und betont die Bedeutung des Automobils als "allererstes Arbeitsinstrument" für die Menschen in der Provinz.
Der Stadt-Land-Konflikt manifestiert sich auch in unterschiedlichen politischen Prioritäten. Während in den Städten Themen wie Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit im Vordergrund stehen, sind in ländlichen Gebieten die Wirtschaft, die innere Sicherheit und die Migrationspolitik zentrale Anliegen. Diese unterschiedlichen Bedürfnisse und Perspektiven erschweren die Suche nach gemeinsamen Lösungen und tragen zur politischen Polarisierung bei.
Die Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach, veröffentlicht in der FAZ am 19.05.2024, zeigt, dass die ostdeutsche Bevölkerung weitaus europakritischer eingestellt ist als die westdeutsche, was die Chancen europakritischer Parteien erhöht. Auch bei den sozialen Schichten gibt es Unterschiede in der Haltung zur EU: Der europäische Weg wird vor allem von den höheren sozialen Schichten unterstützt.
Das Buch "Stadt, Land, Frust" von Lukas Haffert, vorgestellt auf der Webseite der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, analysiert den Stadt-Land-Gegensatz in Deutschland und dessen Auswirkungen auf die politische Landschaft. Haffert argumentiert, dass der Konflikt besonders scharf wird, wenn sich ökonomische Strukturen und Lebensstile in Stadt und Land stark unterscheiden. Er sieht einen Zusammenhang zwischen wachsenden Stadt-Land-Gegensätzen und dem Aufstieg der AfD sowie den Wahlerfolgen der Grünen.
Der Nahostkonflikt, wie im Lexikon von Hanisauland beschrieben, ist ein weiterer komplexer Konflikt, der zwar nicht direkt mit dem Stadt-Land-Gegensatz in den USA vergleichbar ist, aber dennoch die Bedeutung von historischen und religiösen Faktoren in politischen Konflikten verdeutlicht. Die unterschiedlichen Perspektiven und die lange Geschichte des Konflikts erschweren die Suche nach einer friedlichen Lösung.
Quellen: