Europas Migrationspolitik: Ein Kontinent im Spannungsfeld
Die europäische Migrationspolitik steht weiterhin unter starkem Druck. Josef Kelnberger berichtet in der Süddeutschen Zeitung (SZ), dass die irregulären Einreisen im Jahr 2024 zwar laut EU-Flüchtlingsagentur um 40 Prozent zurückgegangen sind, die politischen Auseinandersetzungen jedoch anhalten. Dieser Rückgang betrifft vor allem die zentrale Mittelmeerroute mit 60 Prozent weniger Ankünften und die Route von Tunesien nach Italien mit sogar 80 Prozent weniger Ankünften. Der Rückgang wird als Erfolg der EU-Strategie gewertet, Drittstaaten wie Tunesien, Mauretanien, Ägypten, Libanon, Jordanien und Marokko finanziell bei der Migrationskontrolle zu unterstützen. Menschenrechtsorganisationen und andere Kritiker äußern jedoch Bedenken hinsichtlich der Zusammenarbeit mit autokratischen Regimen.
Die Situation in Syrien, wo die EU auf eine „sichere, freiwillige, würdevolle Heimkehr“ syrischer Flüchtlinge hofft (SZ), verdeutlicht die Komplexität der Lage. Die EU intensiviert ihre diplomatischen Bemühungen im Nahen Osten, darunter Gespräche von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit dem türkischen Präsidenten Erdoğan und König Abdullah von Jordanien (SZ). Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass ein erneuter Ausbruch von Chaos in Syrien eine neue Flüchtlingswelle auslösen könnte.
Trotz des Rückgangs der Flüchtlingszahlen und der im April verabschiedeten Asylrechtsreform, die unter anderem Flüchtlingslager an den Außengrenzen, beschleunigte Asylverfahren und Abschiebungen sowie eine solidarische Verteilung von Asylbewerbern vorsieht (SZ), bleiben die Diskussionen innerhalb der EU angespannt. Die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni fordert strengere Maßnahmen zur Durchsetzung von Rückführungen, einschließlich Sanktionen gegen Staaten, die sich weigern, Geflüchtete zurückzunehmen (SZ). Die Kommission plant Anfang des Jahres einen entsprechenden Gesetzesentwurf.
Einzelne Mitgliedstaaten gehen ihre eigenen Wege. Polen plant beispielsweise, das Recht auf Asyl an der Ostgrenze stark einzuschränken, mit der Begründung, Russland und Belarus würden Migranten instrumentalisieren, um das Land zu destabilisieren (SZ). Die EU-Kommission erinnert daran, dass eine Aussetzung des Asylrechts nur in Ausnahmefällen und in Absprache mit der Kommission möglich ist.
Der bevorstehende Bundestagswahlkampf in Deutschland könnte die europäische Migrationspolitik zusätzlich beeinflussen. CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz fordert einen „faktischen Aufnahmestopp“ und die Zurückweisung aller Flüchtlinge, die aus der EU und dem Schengen-Raum kommen (SZ). Dies würde die europäische Asylrechtsreform, die auf eine gerechtere Verteilung der Verantwortung abzielt, gefährden. Langfristig streben CDU und CSU Asylverfahren in Drittstaaten an, ein Konzept, das auch von anderen europäischen Staaten und von der Leyen erwogen wird, aber als komplex gilt (SZ).
Auch die Umsetzung der EU-Asylreform selbst gestaltet sich schwierig. Deutschland legt einen Referentenentwurf vor (ZDF), Experten bezweifeln jedoch, dass die Reform dadurch beschleunigt wird. Der Erfolg hänge entscheidend von der Disziplin der Mitgliedstaaten ab, so Asylrechtsexperte Constantin Hruschka (ZDF). Mehrere Staaten, darunter Polen, Italien und Finnland, weichen bereits von europäischen Vorgaben ab.
Quellen:
- Süddeutsche Zeitung: https://www.sueddeutsche.de/politik/eu-fluechtlinge-syrien-afrika-asylpolitik-li.3169603
- Süddeutsche Zeitung: https://www.sueddeutsche.de/politik/antonio-costa-ratspraesident-eu-li.3169606
- ZDF: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/eu-asylrecht-deutschland-beschleunigung-100.html
- Welt: https://www.welt.de/politik/ausland/plus247492830/Migration-Sonst-knallt-es-in-Deutschland-FDP-fordert-Umdenken-der-Bundesregierung.html
- consilium.europa.eu: https://www.consilium.europa.eu/de/policies/eu-migration-policy/
- europaimunterricht.de: https://www.europaimunterricht.de/fluechtlings-migrations-asyl-politik
- youtube.com: https://www.youtube.com/watch?v=2ZRQRIdvxwY