28.10.2024
Halloween In Shanghai Zwischen Kommerz Und Kontrolle

Halloween, das ursprünglich aus dem keltischen Raum stammende Fest, hat sich in den letzten Jahren zu einem globalen Phänomen entwickelt. Doch während in vielen Teilen der Welt ausgelassen verkleidet und gefeiert wird, stößt Halloween in China zunehmend auf Skepsis und Ablehnung seitens der Behörden. Insbesondere in Großstädten wie Shanghai, wo Halloween 2023 nach den Jahren der Pandemie wieder ohne Einschränkungen gefeiert werden konnte, wurden die Feierlichkeiten von verstärkten Sicherheitsmaßnahmen begleitet.

Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) berichtet, war Halloween in Shanghai im vergangenen Jahr noch ein Fest der Ausgelassenheit und des relativen Freiraums. Nach den Jahren der strikten Covid-Maßnahmen und Lockdowns nutzten viele junge Menschen die Gelegenheit, um ausgelassen zu feiern. Doch während die meisten Feiernden auf harmlose Kostüme setzten, wagten sich einige auch an gesellschaftskritische Verkleidungen, die die Aufmerksamkeit der Behörden auf sich zogen. So wurden beispielsweise Personen in Kostümen von Überwachungskameras oder in den weißen Overalls der Pandemiekontrolleure gesichtet – Symbole, die unweigerlich an die strenge Kontrolle und Überwachung durch den Staat erinnerten.

Offenbar alarmiert durch diese Entwicklungen, reagierten die Behörden in diesem Jahr mit verschärften Sicherheitsvorkehrungen. Bereits im Vorfeld von Halloween wurden Bars, Clubs und andere Lokalitäten, die in der Vergangenheit Halloween-Partys veranstaltet hatten, dazu aufgefordert, dies zu unterlassen. Wie die FAZ berichtet, wurden entsprechende Ankündigungen in den sozialen Medien von den Betreibern veröffentlicht, jedoch kurz darauf wieder gelöscht. Ein Nutzer berichtete in einem Video von Drohungen seitens der Behörden und der Androhung der Ladenschließung, sollte er eine Halloween-Party veranstalten.

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet, dass die Stadt Shanghai am Wochenende vor Halloween die Sicherheitsvorkehrungen noch einmal massiv erhöht hat. Im Zentrum der Stadt wurden entlang der Fußwege hohe Zäune errichtet und die Polizeipräsenz deutlich verstärkt. Feiernde, die sich trotz des Verbots verkleidet hatten, wurden von der Polizei kontrolliert, nach Hause geschickt oder mussten ihre Kostüme ablegen. Die Maßnahmen stießen bei vielen Shanghaiern auf Unverständnis und wurden als unverhältnismäßig streng empfunden.

Besonders auffällig war dabei, dass die Kontrollen offenbar keiner klaren Linie folgten. Wie die FAZ berichtet, wurden Kostüme jeglicher Art beanstandet – von harmlosen Tierkostümen über religiöse Figuren bis hin zu Verkleidungen als Freiheitsstatue. Selbst Brautschleier wurden von den Sicherheitskräften als potenziell problematisch eingestuft und mussten in einigen Fällen abgelegt werden.

Trotz der strengen Kontrollen im öffentlichen Raum schien es sich bei den Maßnahmen nicht um ein vollständiges Halloween-Verbot zu handeln. Außerhalb der als besonders sensibel eingestuften Bereiche im Zentrum der Stadt waren Halloween-Dekorationen in Schaufenstern und Einkaufszentren weiterhin zu sehen. Auch große, kommerzielle Veranstaltungen wie beispielsweise die Halloween-Feiern in den Freizeitparks Disneyland und Happy Valley konnten stattfinden. Kleinere Partys und Veranstaltungen, wie sie üblicherweise in den Clubs der Stadt stattfanden, wurden jedoch im Keim erstickt.

Die Gründe für das harte Durchgreifen der chinesischen Behörden gegen Halloween sind vielfältig. Zum einen steht das Fest, das seinen Ursprung im Westen hat, symbolisch für die zunehmende kulturelle Globalisierung, die von der chinesischen Führung kritisch beäugt wird. Die Kommunistische Partei Chinas setzt seit jeher auf die Förderung traditioneller chinesischer Werte und sieht in westlichen Einflüssen eine Bedrohung der eigenen Kultur und Identität.

Zum anderen bietet Halloween jungen Menschen in China eine Plattform, um ihrer Kreativität Ausdruck zu verleihen – eine Kreativität, die sich nicht immer in den engen Grenzen des von der Kommunistischen Partei vorgegebenen Rahmens bewegt. Wie die Ereignisse in Shanghai im vergangenen Jahr gezeigt haben, birgt Halloween für die chinesische Führung das Risiko, dass die Feierlichkeiten für politische Proteste oder die Artikulation von Kritik am System genutzt werden könnten.

Die verstärkten Sicherheitsmaßnahmen und das Vorgehen gegen Halloween-Feiern sind daher als ein weiteres Zeichen für die zunehmende Kontrolle und den schrumpfenden Raum für freie Meinungsäußerung in China unter Xi Jinping zu werten.

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung (https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/warum-in-china-halloween-partys-nicht-erwuenscht-sind-110074701.html)

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