9.11.2024
Johanna Keils Weg Vom Pionierideal Zur Hoheneck-Gefangenen
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Stasi-Gefangene in Hoheneck: Vom Pioniermädchen zur Staatsfeindin

Schloss Hoheneck bei Stollberg, einst das größte Frauengefängnis der DDR, steht heute als Mahnmal für die Unterdrückung politischer Gegnerinnen des Regimes. Tausende Frauen, die sich dem System verweigerten, wurden hier inhaftiert. Eine von ihnen ist Johanna Keil, deren Geschichte exemplarisch für das Schicksal vieler Frauen steht, die vom Pioniermädchen zur Staatsfeindin wurden. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, wuchs Keil in Gera in einem scheinbar unbeschwerten Umfeld auf, trat den Pionieren und später der FDJ bei und war eine Musterschülerin. Doch hinter der Fassade der Anpassung wuchsen die Zweifel.

Der Besuch bei ihrer todkranken Großmutter in der Bundesrepublik wurde von den DDR-Behörden abgelehnt. Diese Erfahrung, so Keil gegenüber der FAZ, prägte sie tief. Die Erkenntnis der Willkür des Systems führte zu einer inneren Distanzierung. Westliche Musik und Mode wurden zu Symbolen der Freiheit und Sehnsucht nach einem anderen Leben. Keil studierte Außenhandelsökonomie in Berlin-Karlshorst, einer Kaderschmiede der DDR, in der Hoffnung, zumindest dienstlich ins Ausland reisen zu können.

Der Bruch kam, als ihr damaliger Freund in den Westen floh. Weil sie die Flucht nicht meldete, wurde sie verhaftet und zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt. Zehn Monate verbrachte sie in der Untersuchungshaft in Berlin-Pankow, bevor sie nach Hoheneck verlegt wurde. Der Besuch in der Gedenkstätte, die heute an diesem Ort existiert, ruft bei Keil auch Jahrzehnte später noch Beklemmung hervor, wie die FAZ schildert. Die hohen Mauern, die Gitter vor den Fenstern, die Arrestzellen – all das erinnert an die Isolation und die Ohnmacht der Gefangenen.

In Hoheneck teilte sich Keil eine Zelle mit über 20 Frauen. Die Haftbedingungen waren hart, geprägt von militärischem Drill, Zwangsarbeit und dem ständigen Gefühl der Überwachung. Wie der MDR berichtet, war Hoheneck auch ein Ort der wirtschaftlichen Ausbeutung. Die Gefangenen produzierten Waren, die in den Westen verkauft wurden. Keil musste stundenlang Löcher in Metallplatten bohren – eine monotone und sinnlose Arbeit.

Die politische Inhaftierung von Frauen in der DDR, wie sie im Deutschland Archiv der Bundeszentrale für politische Bildung dargestellt wird, war ein systematisches Mittel zur Unterdrückung von Kritik und Opposition. Frauen, die einen Ausreiseantrag stellten oder versuchten zu fliehen, wurden als Staatsfeinde gebrandmarkt und verurteilt. Die Haft hatte oft schwerwiegende Folgen für die Familien, insbesondere für die Kinder der Inhaftierten.

Die Rolle der Stasi im Strafvollzug wird im Bundesarchiv detailliert beschrieben. Die Geheimpolizei überwachte die Gefangenen, rekrutierte Informanten und sorgte dafür, dass politisch unliebsame Personen mundtot gemacht wurden. Auch der Alltag in Hoheneck war von der Stasi geprägt.

Zwei Monate vor dem eigentlichen Haftende wurde Johanna Keil von der Bundesrepublik freigekauft. Heute lebt sie mit ihrem Mann in Hanau. Die Zeit in Hoheneck hat sie jedoch nie vergessen. Ihr Fall steht stellvertretend für das Schicksal vieler Frauen, die in der DDR für ihre Sehnsucht nach Freiheit einen hohen Preis bezahlen mussten. Die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur bietet weitere Informationen und Materialien zum Frauengefängnis Hoheneck. Auch die Gedenkstätte Hoheneck selbst ist ein wichtiger Ort der Erinnerung und der Auseinandersetzung mit der Geschichte des DDR-Strafvollzugs.

Weitere Informationen zu den Schicksalen im Frauenzuchthaus Hoheneck finden Sie beim MDR.

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