Digitale Staatsleistungen: Zwischen Fortschritt und Datenschutzhürden
Die Digitalisierung der deutschen Verwaltung verspricht eine effizientere Auszahlung staatlicher Leistungen, wie beispielsweise des geplanten Klimageldes. Ein digitaler „Direktauszahlungsmechanismus“ soll Bürgerinnen und Bürgern künftig schnell und unkompliziert finanzielle Unterstützung zukommen lassen. Die Umsetzung gestaltet sich jedoch komplex, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) am 20.12.2024 berichtete.
Die Bundesregierung arbeitet bereits seit Jahren an einem solchen System für die direkte Überweisung von Zahlungen wie Klimageld oder Corona-Hilfen. Bisherige Verfahren erwiesen sich als kompliziert und erreichten nicht alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen. Im internationalen Vergleich, beispielsweise mit Österreich, hinkt Deutschland bei der digitalen Auszahlung staatlicher Leistungen hinterher. Die Ankündigung eines funktionierenden Mechanismus im ersten Halbjahr 2025, so die F.A.Z., lässt auf eine baldige Verbesserung hoffen.
Eine zentrale Herausforderung stellt die Erfassung der Kontodaten aller Bürger dar. Daten von Kindergeldempfängern liegen bereits vor, die Übermittlung von Kontodaten durch die Finanzämter gestaltet sich jedoch aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken schwierig. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verhindert derzeit diesen direkten Weg. Laut F.A.Z. wäre eine Gesetzesänderung nötig, um diese Hürde zu überwinden, so das Bundesfinanzministerium.
Alternativ können Bürger ihre Daten selbst über Portale wie BOP oder Elster angeben oder ihre Hausbank mit der Datenübermittlung beauftragen. Die Nutzung dieser Angebote ist bisher jedoch gering, vermutlich aufgrund mangelnder Bekanntheit. Eine umfassende Informationskampagne der Bundesregierung steht noch aus.
Trotz der Herausforderungen bietet der geplante Auszahlungsmechanismus Vorteile. Die Anbindung von Schnittstellen ermöglicht weitgehend automatisierte und einkommensabhängige Auszahlungen. Dies stellt einen wichtigen Fortschritt im Vergleich zu den Schwierigkeiten bei der Auszahlung von Corona-Hilfen oder Energiepauschalen dar. Wie die F.A.Z. berichtet, musste der Bund damals auf verschiedene Hilfsmittel zurückgreifen, von der Einbindung der Arbeitgeber bis hin zu speziellen Portalen für Studenten.
Die Entwicklung des Auszahlungsmechanismus dauerte etwa zwei Jahre. Der Staatssekretär für Digitalisierung in Sachsen-Anhalt, Bernd Schlömer, kritisiert laut F.A.Z. die lange Entwicklungszeit und verweist auf bereits existierende Lösungen, die schneller und kostengünstiger hätten genutzt werden können.
Der fertige Auszahlungsmechanismus soll neue Möglichkeiten für die zielgerichtete Verteilung staatlicher Leistungen eröffnen. Die Klimawissenschaftlerin Brigitte Knopf sieht darin beispielsweise Potenzial für ein sozial gestaffeltes Klimageld oder einkommensabhängige Förderungen, wie auf Linkedin zu lesen war.
Der eGovernment Monitor 2024 betont die Bedeutung der Digitalisierung für das Vertrauen der Bürger in den Staat. 48% der Bürger würden dem Staat mehr vertrauen, wenn staatliche Leistungen einfach und digital zugänglich wären. Die Studie zeigt auch eine zunehmende Nutzung digitaler Verwaltungsdienste, insbesondere des Online-Ausweises. Gleichzeitig besteht eine "digitale Nutzungslücke": 3 von 10 Bürgern bevorzugen weiterhin den analogen Weg, oft aus Unwissenheit über digitale Angebote oder aufgrund von Schwierigkeiten bei der Navigation auf Behördenwebsites.
Die Digitalstrategie der Bundesregierung zielt darauf ab, Deutschland bis 2030 digital voranzubringen. Schwerpunkte sind der Ausbau der digitalen Infrastruktur, die Modernisierung der Verwaltung und die Förderung von Innovationen. Bis 2025 sollen unter anderem die Hälfte aller Haushalte und Unternehmen Glasfaseranschlüsse haben und Verwaltungsleistungen mithilfe digitaler Identitäten online verfügbar sein.
Der DGB unterstreicht in einer Meldung vom 04.10.2024 die Bedeutung einer bürgerorientierten Digitalisierung der Verwaltung. Die Studie zeige, dass die Erwartungen der Bürger an den Staat steigen und digitale Angebote einfach, schnell und medienbruchfrei funktionieren müssen. Eine zentrale Plattform, die alle digitalen Verwaltungsdienste bündelt, sei ein wichtiges Anliegen der Bürger.
Quellen:
- F.A.Z.: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/so-will-der-staat-das-klimageld-auszahlen-theoretisch-110185607.html
- Bundesregierung: https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/digitalisierung-in-der-praxis-2223104
- Initiative D21: https://initiatived21.de/presse/egovernment-monitor-2024-luecke-zwischen-wunsch-und-wirklichkeit-staat-muss-erwartungen-gerecht-werden-um-vertrauen-zurueckzugewinnen
- Bayerischer Rundfunk: https://www.br.de/nachrichten/netzwelt/digitale-verwaltung-kann-vertrauen-in-den-staat-foerdern,URLoJ5ZI
- Bundesregierung: https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/datenschutzhinweis/digitalstrategie-2072884
- DGB: https://www.dgb.de/aktuelles/news/egovernmentmonitor-2024-nutzung-und-akzeptanz-digitaler-verwaltungsleistungen/