Der politische Einfluss von Bundeskanzler Olaf Scholz ist nach dem Zerbrechen der Ampel-Koalition deutlich geschrumpft. Wie Daniel Brössler in der Süddeutschen Zeitung kommentierte, gleicht Scholz derzeit einem "Klempner der Macht", dessen Werkzeugkasten zwar gut gefüllt ist, der aber sein Werkstück – die Regierungsgeschäfte – nicht mehr zusammenfügen kann. Diese Metapher verdeutlicht die schwierige Lage des Kanzlers, der trotz seiner politischen Erfahrung und seines Geschicks nun mit einer Minderheitsregierung konfrontiert ist und kaum noch Handlungsspielraum besitzt.
Scholz' Ankündigung, die Vertrauensfrage zu stellen und das weitere Vorgehen den Fraktionschefs Rolf Mützenich (SPD) und Friedrich Merz (CDU) zu überlassen, unterstreicht diese Machtlosigkeit. Er ist auf die Kooperation der Opposition angewiesen, um überhaupt noch politische Entscheidungen treffen zu können. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, erinnert die Situation an den Koalitionsbruch von 1982, als die sozialliberale Koalition zerbrach. Es gibt jedoch auch Unterschiede zur damaligen Situation, die die Lage für Scholz zusätzlich erschweren.
Die Frankfurter Rundschau berichtete, dass die CDU/CSU den Druck auf Scholz erhöht und eine schnellere Neuwahl fordert. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann warf Scholz vor, an der Macht zu "kleben". Scholz zeigte sich zwar gesprächsbereit über einen früheren Termin für die Vertrauensfrage, doch gibt es auch hier Hürden. Die Bundeswahlleiterin Ruth Brand warnte in einem offenen Brief vor den Risiken einer vorgezogenen Neuwahl im Januar oder Februar 2025. Wie der Spiegel berichtete, befürchtet Brand, dass die ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung der Wahl durch einen zu knappen Zeitrahmen gefährdet sein könnte, insbesondere wenn Termine und Fristen in die Weihnachtszeit fallen.
Das ZDF berichtete über die Herausforderungen einer Minderheitsregierung. Politikwissenschaftler Thomas Jäger von der Universität Köln betonte, dass die Regierung zwar weiterhin funktionsfähig sei, aber keine Mehrheit im Parlament habe. Scholz könne daher nicht mehr regieren, sondern nur noch den Mangel verwalten. Thomas Gschwend von der Universität Mannheim sieht die Lage differenzierter. Er argumentiert, dass wechselnde Mehrheiten nicht zwangsläufig zu Chaos führen müssen und verweist auf Beispiele aus Skandinavien, wo Minderheitsregierungen stabil funktionieren. Entscheidend sei, dass die Parteien miteinander sprechen und Kompromisse finden.
Die Frankfurter Rundschau berichtete zudem über die Reaktionen auf das Ampel-Aus. So deutete Sarah Wagenknecht, Vorsitzende der BSW, eine mögliche Kanzlerkandidatur an. Robert Habeck, der seine Kanzlerkandidatur für die Grünen erklärte, äußerte sich zum Koalitionsbruch und gab zu, dass er in der Vergangenheit "ins Kissen gebissen" habe.
Auf der Webseite der Bundesregierung findet sich das Statement von Bundeskanzler Scholz zur Entlassung des Finanzministers Christian Lindner. Scholz betonte die Notwendigkeit einer handlungsfähigen Regierung und warf Lindner vor, sich einer Lösung verweigert und sein Vertrauen gebrochen zu haben. Er betonte die Erfolge der Ampel-Koalition, wie die Senkung der Inflation und die Sicherung der Energieversorgung, und kritisierte Lindners Forderung nach Steuersenkungen für Spitzenverdiener und Rentenkürzungen.
Die rechtliche Situation nach einem Ampel-Aus wurde von Heute im Recht analysiert. Ein Ausstieg der FDP bedeute nicht automatisch das Ende der Scholz-Regierung. Der Bundeskanzler könne neue Minister ernennen, auch aus der Opposition. Sollte es zu einem Bruch der Koalition kommen, könnte die Regierung entweder durch eine Vertrauensfrage des Kanzlers oder durch ein konstruktives Misstrauensvotum des Bundestags beendet werden.
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