Der Rücktritt von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger markiert das Ende einer Ära, die von der sogenannten Fördergeldaffäre überschattet wurde. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) am 08.11.2024 berichtete, hinterlässt die Ministerin ein Amt, dessen Ruf und Funktionsfähigkeit stark beschädigt sind. Der Rücktritt, der am Mittwochabend kurz nach dem Koalitionsbruch erfolgte, kam für viele Beobachter nicht überraschend. In der Wissenschaftsszene wurde dieser Schritt bereits seit längerem gefordert, wie auch die taz am 26.06.2024 berichtete.
Im Zentrum der Kritik steht die Fördergeldaffäre, die, wie die F.A.Z. analysiert, symptomatisch für ein mangelndes Verständnis der Ministerin für die Funktionsweise von Wissenschaft war. Die Affäre weitete sich aus, da Stark-Watzinger die Aufklärung verweigerte und dadurch bestehende Schwächen im Verhältnis zur Wissenschaft offenlegte. Dazu gehörten, so die F.A.Z., das fehlende Verständnis für wissenschaftliche Prozesse auf ministerieller Ebene, die schleppende Arbeit an wichtigen Reformen und die Besetzung von Führungspositionen mit Parteifunktionären der FDP, selbst als dies im Zuge der Affäre bereits skandalös erschien.
Die Personalpolitik der Ministerin, so die F.A.Z., spiegelte ihre Tendenz zu politischen Entscheidungen auf Kosten der Sacharbeit wider. Während sie auf Nebenschauplätzen wie ihrem Auftritt in Taiwan oder ihrer Positionierung zur grünen Gentechnik Akzente setzte, geriet sie im Umgang mit dem Nahostkonflikt ins Straucheln. Ihr Urteil über einen Protestbrief von Wissenschaftlern gegen die Räumung eines Protestcamps an der Freien Universität Berlin, so die F.A.Z. weiter, verdeutlichte erneut ihr fehlendes Gespür für die Balance zwischen Politik und Wissenschaft.
Die Bilanz ihrer Amtszeit fällt, laut F.A.Z., mager aus. Neben einer halben Bafög-Reform und dem Startchancen-Programm für Schulen blieb die Umsetzung wichtiger Reformen wie des Forschungsdatengesetzes oder des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes aus. Die taz berichtete am 17.06.2024 über die anhaltende Kritik an Stark-Watzinger, die bereits vor der Fördergeldaffäre im Zusammenhang mit dem Umgang mit Wissenschaftler:innen und der mangelnden Umsetzung ihrer Versprechen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Wissenschaftsbereich laut wurde.
Die Zukunft der begonnenen Reformen ist ungewiss. Es ist fraglich, ob diese unter der kommissarischen Leitung von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir zu Ende geführt werden können. Wie die F.A.Z. bemerkt, dürfte nach dem personellen Aderlass im Ministerium auch die notwendige Fachkenntnis fehlen. Der Tagesspiegel kommentierte die Situation am 30.07.2024 und stellte die Frage, ob das Forschungsministerium die Freiheit kritischer Forschender in Frage stellt.
Die Forderung nach einem erfahrenen Wissenschaftspolitiker auf dem Ministerposten wird laut F.A.Z. in der Nachfolgediskussion an Bedeutung gewinnen. Das Ministerium, so die F.A.Z., dürfe nicht erneut zum Experimentierfeld für wissenschaftspolitische Novizen werden. Die taz berichtete am 26.06.2024 über die Anhörung Stark-Watzingers im Bildungsausschuss, bei der viele Fragen unbeantwortet blieben und die Ministerin ihre bisherigen Aussagen wiederholte. Die Zweifel an ihrer Darstellung der Ereignisse blieben bestehen.
Die Fördergeldaffäre ist mit dem Rücktritt der Ministerin zwar offiziell beendet, doch die grundsätzliche Bedeutung der Affäre, so die F.A.Z., könnte über ihre Amtszeit hinauswirken. Die Süddeutsche Zeitung berichtete am 12.04.2022 im Kontext des Rücktritts von Anne Spiegel über Entschuldigungen in der Politik und die unterschiedlichen Reaktionen auf Rücktrittsforderungen. Die ARD Audiothek bietet historische Tondokumente, die ein Gefühl für wichtige Ereignisse und Stimmungen vergangener Jahrzehnte vermitteln.
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