September 17, 2024
Neue Besetzung der EU-Kommission: Ein Team für die Herausforderungen von morgen

Ursula von der Leyen stellt neue EU-Kommission vor

Am Dienstag, dem 17. September 2024, präsentierte die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, in Straßburg ihr neues Team für die kommende Amtszeit. Diese Kommission wird von den politischen Leitlinien geleitet, die Grundlage ihrer Wahl im Juli waren. Von der Leyen nannte die übergreifenden Schwerpunkte ihrer Arbeit: Wohlstand, Sicherheit und Demokratie. Ein zentrales Element ihrer neuen Struktur ist die Einführung von fünf exekutiven Vizepräsidenten, die die Arbeit der Kommissare koordinieren sollen. Unter ihnen befindet sich die bereits vom Europäischen Rat nominierte Vizepräsidentin und Außenbeauftragte Kaja Kallas.

Die spanische Sozialdemokratin Teresa Ribera wird als Stellvertreterin von der Leyen fungieren und ist zuständig für den „sauberen, gerechten und wettbewerbsfähigen Übergang“, was klimarelevante Gesetzgebung und Wettbewerb umfasst. Raffaele Fitto, ein Parteifreund der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, wird ebenfalls auf dieser Ebene vertreten sein und sich um Kohäsionspolitik und Reformen kümmern.

Überraschende Personalentscheidungen

Das Personaltableau der neuen Kommission enthält mehrere Überraschungen. So wird die Europäische Volkspartei (EVP) nicht mehr durch den Letten Valdis Dombrovskis auf der Ebene der exekutiven Vizepräsidenten vertreten, sondern durch die Finnin Henna Virkkunen, die für technologische Souveränität und sicherheitsbezogene Themen zuständig sein wird. Diese Umstrukturierung spiegelt die Notwendigkeit wider, den aktuellen Herausforderungen in der EU gerecht zu werden.

Von der Leyen wies zudem vielen Mitgliedstaaten andere Portfolios zu, als diese ursprünglich gewünscht hatten. Sie erklärte, dass mehr als zwanzig Staaten eine starke wirtschaftliche Zuständigkeit gefordert hätten, es jedoch nicht genügend Portfolios gebe, um diese Wünsche zu erfüllen. Zu den neuen Zuständigkeiten gehört, dass Magnus Brunner aus Österreich als neuer Innenkommissar für Migration zuständig wird, während Michael McGrath aus Irland die Verantwortung für Justiz übernehmen wird. Beide waren zuvor Finanzminister ihrer Länder.

Neue Zuständigkeiten und Schwerpunkte

Ein weiteres Merkmal der neuen Kommission ist die Schaffung neuer Zuständigkeiten. Der ehemalige litauische Regierungschef Andrius Kubilus wird für die Verteidigungsindustrie und Raumfahrt zuständig sein, während die Kroatin Dubravka Šuica sich um das Mittelmeer und die Beziehungen zu den südlichen Nachbarn kümmern soll. Mit Dan Jørgensen aus Dänemark wird es erstmals einen Kommissar für Wohnen geben, dessen Hauptdossier die Energiepolitik umfasst. Weitere bedeutende Ressorts gehen an den Polen Piotr Serafin (Haushalt), den Luxemburger Christophe Hansen (Landwirtschaft) und die Slowenin Marta Kos (Erweiterung).

Frauenanteil und Geschlechterparität

Von der Leyen betonte, dass der neuen Kommission elf Frauen und sechzehn Männer angehören, was einem Frauenanteil von 40 Prozent entspricht. Zu Beginn des Prozesses hatten die Mitgliedstaaten jedoch nur 22 Prozent Frauen aufgestellt. Sie räumte ein, dass es noch viel Arbeit zu tun gebe, um die von ihr angestrebte Geschlechterparität zu erreichen.

Politische Gleichgewichtung der Parteien

Auf der Ebene der Vizepräsidenten besetzte von der Leyen vier Posten mit Frauen und zwei mit Männern. Die Parteien sind jedoch etwa gleich stark vertreten: jeweils zwei Christdemokraten (einschließlich von der Leyen), Sozialdemokraten und Liberale. Die Interessen der Liberalen werden künftig vom Franzosen Stéphane Séjourné koordiniert, der gegen den bisherigen Kommissar Thierry Breton ausgetauscht wurde.

Insgesamt gehören der neuen Kommission 14 Vertreter der EVP an, was deren Stärke in den nationalen Regierungen widerspiegelt, die das Vorschlagsrecht haben. Die Sozialdemokraten stellen nur fünf Kommissare, während die Liberalen von Renew Europe vier Kommissare benennen konnten. Die Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) sind durch Fitto vertreten, während die Grünen, die von der Leyen im Juli mehrheitlich im Parlament gewählt hatten, keinen Kommissar stellen.

Kritik und Unterstützung für Raffaele Fitto

Die Personalie Raffaele Fitto sorgte bereits im Vorfeld für politische Auseinandersetzungen. Fitto ist Mitglied der postfaschistischen Partei Fratelli d'Italia und steht nun auf einer Ebene mit den Koordinatoren der drei Fraktionen, die von der Leyen politisch unterstützen, obwohl Giorgia Meloni und ihre Abgeordneten im Europäischen Parlament von der Leyen nicht unterstützt hatten. Es wird erwartet, dass Sozialdemokraten, Liberale und auch Grüne ihren Widerstand gegen Fitto in den Anhörungen deutlich machen, während der EVP-Vorsitzende Manfred Weber (CSU) bereits angekündigt hat, dass die Christdemokraten ihn unterstützen werden.

Ausblick auf die Anhörungen im Parlament

Die Anhörungen im Parlament werden voraussichtlich frühestens Mitte Oktober beginnen und sich bis in den November hinziehen. In der Vergangenheit hat das Parlament bereits Kandidaten abgelehnt, was zu Nachnominierungen und weiteren Anhörungen führte. Die neue Kommission könnte daher ihre Geschäfte frühestens zum 1. Dezember aufnehmen.

Insgesamt zeigt die Präsentation der neuen EU-Kommission durch Ursula von der Leyen, dass sie sich bemüht, ein ausgewogenes Team zusammenzustellen, das den Herausforderungen der kommenden Jahre gewachsen ist. Die Veränderungen in den Zuständigkeiten und die Erhöhung des Frauenanteils sind Schritte in Richtung eines moderneren und inklusiveren Ansatzes in der europäischen Politik.

Quellen: FAZ.NET, Deutschlandfunk, Euractiv, Spiegel, taz.

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