Der ungarische Premierminister Viktor Orbán verhindert die routinemäßige Verlängerung der EU-Sanktionen gegen Russland, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) berichtet. Orbán begründete seine Haltung gegenüber seinen EU-Kollegen in Brüssel damit, dass er vor dem Amtsantritt des designierten US-Präsidenten Donald Trump am 20. Januar keine Entscheidung treffen wolle. Dieser Schritt war unerwartet, da die Sanktionsverlängerung bisher alle sechs Monate reibungslos und einstimmig erfolgte.
Die Ende Januar auslaufenden Sanktionen umfassen diverse Maßnahmen, von Energiesanktionen bis zum Einfrieren russischer Vermögenswerte in der EU. Laut F.A.Z. belaufen sich diese eingefrorenen Gelder auf 210 Milliarden Euro. Der Spiegel berichtet, dass die Sanktionen auch über 2000 Einzelpersonen und Unternehmen, darunter hochrangige russische Politiker und Oligarchen, betreffen. Die F.A.Z. unterstreicht die Bedeutung dieser eingefrorenen Vermögen für die Finanzierung von Waffenlieferungen an Kiew und die zukünftige Tilgung von G7-Krediten an die Ukraine.
Orbáns Ankündigung erfolgte zum Abschluss des EU-Gipfels, als Ratspräsident António Costa routinemäßig nach Einsprüchen gegen die Verlängerung fragte. Die F.A.Z. schildert, dass Orbán ausweichend reagierte und Bedenkzeit erbat. Ein Veto Ungarns würde das gesamte Sanktionspaket, das aus 15 Einzelpaketen besteht, zu Fall bringen.
Die Wirtschaftssanktionen wurden ursprünglich im Juli 2014 nach der Annexion der Krim durch Russland verhängt und seit Beginn des Ukraine-Krieges im Februar 2022 sukzessive verschärft. Nach Angaben der F.A.Z. haben diese Maßnahmen den Handel zwischen der EU und Russland im Vergleich zu 2021 um mehr als die Hälfte reduziert. Die EU-Kommission beziffert den Rückgang der europäischen Importe seit Februar 2022 auf 91 Milliarden Euro und den der Exporte auf 48 Milliarden Euro.
Am Rande des Gipfels telefonierten Bundeskanzler Olaf Scholz und Donald Trump, wie n-tv berichtet. Beide betonten die Notwendigkeit eines baldigen, gerechten und dauerhaften Friedens in der Ukraine. Scholz äußerte sich optimistisch über die weitere Unterstützung der USA für die Ukraine, wollte aber keine Details nennen. Auch Die Welt berichtet über dieses Telefonat und Orbáns Blockade der Sanktionsverlängerung.
Die Süddeutsche Zeitung berichtet ebenfalls über Orbáns Veto und zitiert ihn mit der Aussage, er wolle erst nach Trumps Amtsantritt entscheiden. Auch der Tagesspiegel erwähnt in seinem Liveblog die Blockade der Sanktionsverlängerung durch Orbán. France.de äußert die Befürchtung, Orbán könnte mit Trump kooperieren, um die Einigkeit der EU in der Ukraine-Frage zu schwächen.
Eulerpool spekuliert, dass Orbán möglicherweise Zugeständnisse der EU in anderen Bereichen, wie der Freigabe eingefrorener EU-Gelder für Ungarn, erreichen möchte. Diplomaten betonen jedoch, dass auch nach dem 20. Januar ausreichend Zeit für eine Verlängerung der Sanktionen bleibt.