30.10.2024
Reparationsdebatte Deutschlands Aufarbeitung der Vergangenheit
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Reparationsforderungen an Deutschland: Eine historische und politische Debatte

Die Forderung nach Reparationen für die während des Zweiten Weltkriegs begangenen Verbrechen ist ein wiederkehrendes Thema in den deutsch-polnischen und deutsch-griechischen Beziehungen. Wie Reinhard Müller in einem Kommentar in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.) vom 30.10.2024 argumentiert, sei die Reparationsfrage völkerrechtlich abgeschlossen. Der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wurde bei seinem Staatsbesuch in Athen erneut mit dieser Forderung konfrontiert, obwohl das griechische Parlament bereits 2019 die deutsche Schuld für die Verbrechen des Zweiten Weltkriegs betonte und eine Summe von 400 Milliarden Euro nannte. Steinmeier verwies auf den völkerrechtlichen Abschluss der Reparationsfrage, bekräftigte aber Deutschlands historische und moralische Verantwortung. Müller plädiert für ein Überdenken des deutschen "Dauer-Bekenntnisses", da es in Ländern wie Polen und Italien nicht zu einem Friedensschluss in dieser Frage führe.

Die F.A.Z. berichtet auch über den Besuch Steinmeiers in Griechenland, bei dem er Orte besuchte, die von den Nationalsozialisten verwüstet wurden. Dabei wurde er erneut mit Reparationsforderungen konfrontiert.

Die Aufarbeitung der deutschen Vernichtungs- und Besatzungspolitik sowie die Beteiligung der Wehrmacht sind laut Müller erst nach und nach erfolgt. Er stellt die Frage, wie diese wiedergutzumachen sei, jenseits der individuellen Verfolgung der Täter und konkreter Hilfen für die Opfer. Die völkerrechtliche Verantwortung Deutschlands sei unbestreitbar, doch die Reparationsfrage sei geklärt und habe keinen Platz mehr in der Gegenwart.

Müller argumentiert weiter, dass Zahlungsforderungen für historisches Unrecht auch Gegenforderungen nach sich ziehen würden. Er betont, dass auch Verbrechen an Deutschen Verbrechen bleiben, wie die Vertreibung und Ermordung von Millionen, der Bombenkrieg gegen die Zivilbevölkerung, die Misshandlung von Kriegsgefangenen und der Verlust von Gebieten. Die europäische Einigung stehe nicht für einen Schlussstrich, sondern für einen gemeinsamen Neubeginn, der nicht im ständigen Wiederaufwärmen vergangener Rechnungen bestehe.

Eine andere Perspektive bietet der Historiker Karl Heinz Roth in einem Interview mit der Deutschen Welle (DW) vom 07.11.2018. Er argumentiert, dass die Reparationsfrage weiterhin offen sei und Deutschland zahlen sollte. Roth betont die Unterschiede zwischen den Zerstörungen in Polen und Griechenland. Während in Polen ein systematischer Vernichtungsplan, der Generalplan Ost, verfolgt wurde, sei dies in Griechenland nicht der Fall gewesen. Dennoch hätten die deutschen Besatzer in Griechenland "besinnungslos Massaker" begangen.

Roth berechnet die Gesamtschäden des Zweiten Weltkriegs, die Deutschland zu verantworten habe, auf knapp 500 Milliarden US-Dollar (Preisstand 1938), was heute etwa 7,5 Billionen Euro entspricht. Für Polen berechnet er eine Billion Euro und für Griechenland 190 Milliarden Euro. Er betont, dass es nie möglich sein werde, die Schuld in diesem Umfang zu tilgen, sondern es gehe um die Anerkennung der Entschädigungsverpflichtung Deutschlands.

Roth schlägt als ersten Schritt Rentenzuschüsse für die noch lebenden ehemaligen polnischen KZ-Häftlinge, die nicht jüdischer Herkunft waren und daher keine Entschädigung erhalten haben, sowie die Renovierung von Gebäuden und die Unterstützung polnischer Gedenkstätten vor. Er plädiert für eine multilaterale Lösung der Reparationsfrage mit einer Konferenz unter Beteiligung der "kleinen Alliierten" im Anschluss an den 2-plus-4-Vertrag.

Auch unter der proeuropäischen Regierung von Donald Tusk in Polen blieb das Thema Reparationen aktuell. Wie die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) am 13.02.2024 berichtete, erinnerte Tusk Bundeskanzler Olaf Scholz an die deutsche Schuld, betonte aber, dass die Frage formal, rechtlich und international abgeschlossen sei. Dennoch sehe er eine moralische, finanzielle und materielle Verpflichtung Deutschlands. Tusk bewegt sich in einem schwierigen Feld, da Polen 1953 und 1990 offiziell auf Reparationen verzichtete und die Bundesrepublik bereits freiwillige Zahlungen an polnische Opfergruppen geleistet hat.

In der polnischen Bevölkerung herrscht jedoch das Gefühl, dass die eigenen Opfer international zu wenig anerkannt werden. Der Verzicht auf Reparationen war dem Druck Moskaus geschuldet. Tusk will die Beziehungen zu Berlin verbessern, kann aber die Reparationsfrage innenpolitisch nicht ignorieren.

Der WELT-Autor Philipp Fritz argumentiert in einem Kommentar vom 28.09.2022, dass Deutschland sich nicht hinter Paragrafen verstecken sollte, obwohl es die geforderten 1,3 Billionen Euro nicht zahlen müsse. Er plädiert für einen angemesseneren Umgang mit den deutschen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg.

Quellen

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