Die Debatte um die Verkehrsdatenspeicherung ist nach dem Ende der Ampel-Koalition neu entflammt. Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) bekräftigt im Interview seine Forderung nach einer umfassenden Speicherung von Verkehrsdaten, um die Aufklärung schwerer Straftaten wie Kindesmissbrauch und Terrorismus zu verbessern. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet, sieht Reul in der Speicherung von IP-Adressen, Verbindungs- und Standortdaten ein entscheidendes Instrument zur Verbrechensbekämpfung.
Reul zeigt sich erfreut über die veränderte Haltung seines grünen Koalitionspartners in Nordrhein-Westfalen, der sich nach anfänglicher Ablehnung nun für die anlasslose Verkehrsdatenspeicherung ausspricht. Diese Entwicklung führt er auf die Aufarbeitung von Kindesmissbrauchsfällen wie in Lügde und Bergisch Gladbach zurück, die die Notwendigkeit neuer Strategien in der Sicherheitspolitik verdeutlicht hätten. Gemeinsam mit den schwarz-grünen Regierungen in Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg hatte Nordrhein-Westfalen eine Bundesratsinitiative zur Verkehrsdatenspeicherung gestartet, um Druck auf die damalige Ampel-Koalition auszuüben.
Das von der FDP favorisierte „Quick-Freeze“-Verfahren, das das Einfrieren von Daten bei einem Anfangsverdacht vorsieht, hält Reul für unzureichend. Wie er der F.A.Z. erklärte, sei dieses Verfahren in der Praxis untauglich, da nicht alle Telekommunikationsunternehmen Daten speichern und die Sicherung erst ab Bekanntwerden der Straftat erfolgen dürfe. Dies mache die Aufklärung von Taten, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, nahezu unmöglich. Reul betont die Notwendigkeit einer Verkehrsdatenspeicherung mit einem gesetzlich festgelegten Sicherungszeitraum.
Der Innenminister verweist auf eine BKA-Auswertung, die zeige, dass die Ermittlungserfolge bei Kindesmissbrauchsfällen durch die Speicherung von IP-Adressen deutlich steigen. Er fragt: "Wie lange wollen wir es noch verantworten, massenweise Pädokriminelle davonkommen zu lassen und ihren Opfern nicht zu helfen?" Reul sieht im Aus der Ampel-Koalition und dem damit verbundenen Wegfall des FDP-Vetos eine Chance für die Einführung der Verkehrsdatenspeicherung. Er verweist auf die bestehende Mehrheit im Bundestag und die Unterstützung der SPD-Innenpolitiker für dieses Anliegen.
Die Bedenken hinsichtlich der Rechtsunsicherheit bei der Speicherung von Telekommunikationsdaten weist Reul zurück. Die Urteile des Europäischen Gerichtshofs aus den Jahren 2022 und 2024 hätten die Rechtslage geklärt und die Speicherung von IP-Adressen zur Bekämpfung von Straftaten im Allgemeinen geöffnet. Reul betont die Einigkeit mit den Grünen, den Rechtsrahmen nach strengen rechtsstaatlichen Maßgaben auszuschöpfen. Kritik an der Verkehrsdatenspeicherung bezeichnet er als ideologisch verhärtet und verweist auf die steigenden Zahlen der Internetkriminalität.
Reul argumentiert, dass Verkehrsdaten wie IP-Adressen, Verbindungs- und Standortdaten vergleichbar mit Fingerabdrücken oder DNA-Spuren in der analogen Welt seien und maßgeblich zur Identifizierung von Tatverdächtigen beitrügen. Er hält einen Verzicht auf die Sicherung dieser Daten für absurd und betont die zunehmende Verlagerung der Kriminalität in die digitale Welt. Die Polizei sei aktuell oft nicht in der Lage, das gesamte Ausmaß von Verbrechenskomplexen zu durchleuchten, da die notwendigen Daten fehlten.
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