Der italienische Autor und Lehrer Christian Raimo ist aufgrund seiner öffentlich geäußerten Kritik am Bildungsminister Giuseppe Valditara für drei Monate vom Schuldienst suspendiert und sein Gehalt um die Hälfte gekürzt worden. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) berichtet, begründete das Schulamt der Region Latium die Maßnahme damit, dass Raimos Äußerungen in sozialen Medien und bei öffentlichen Auftritten nicht als konstruktive Kritik gewertet werden könnten, sondern „eine Straftat, die gegen die Grundprinzipien des gegenseitigen Respekts und des zivilen Dialogs verstößt“.
Raimo hatte Valditara in seinen Äußerungen unter anderem mit dem Todesstern aus dem Film „Star Wars“ verglichen und ihn als „schmutzigen, gefährlichen und repressiven Schurken“ bezeichnet. Der F.A.Z. zufolge war Raimo bei den Europawahlen im Juni für ein Bündnis der Grünen und Linken angetreten, konnte jedoch kein Mandat erringen. Valditara gehört der rechtsnationalen Lega an, die vom stellvertretenden Regierungschef Matteo Salvini geführt wird.
Die Kritik Raimos könnte somit als politischer Schlagabtausch gewertet werden, den er als Privatperson und nicht in seiner Funktion als Lehrer führte. Valditara hätte die Möglichkeit gehabt, wegen Verunglimpfung Anzeige zu erstatten, entschied sich aber offenbar für ein Disziplinarverfahren. In Latium regiert dasselbe Mitte-rechts-Bündnis, das auch die Parlamentswahlen 2022 gewonnen hatte, wie die F.A.Z. berichtet.
Es ist nicht das erste Disziplinarverfahren gegen Raimo. Wie die F.A.Z. berichtet, wurde bereits in der Vergangenheit ein Verfahren gegen den Lehrer für Geschichte und Philosophie eingeleitet, nachdem er sich zum Fall Ilaria Salis geäußert hatte. Die antifaschistische Aktivistin aus Mailand muss sich in Ungarn wegen des Vorwurfs der schweren Körperverletzung verantworten, genießt jedoch als EU-Abgeordnete Immunität. Raimo hatte in einer Fernsehdebatte gesagt: „Neonazis müssen verprügelt werden.“
Raimo zeigte sich laut F.A.Z. von der Suspendierung überrascht und erwägt Rechtsmittel einzulegen. Er betont, dass sich seine Kritik nicht gegen Valditara als Person, sondern gegen dessen politische Handlungen als Bildungsminister gerichtet habe. Gegenüber einem italienischen Rundfunksender äußerte er seine Sorge über die finanzielle Situation während der dreimonatigen Suspendierung.
Auch Agenzia Nova berichtete über den Vorfall und zitierte Valditara, der die Kritik Raimos als „inakzeptabel und obszön“ bezeichnete. Der Minister betonte, dass die Regierung die Schulen nicht vergessen habe und verwies auf die größten vertraglichen Erhöhungen, die es je gegeben habe. Valditara erklärte, trotz des Rates seiner Anwälte keine Anzeige erstatten zu wollen, um Raimo nicht die Möglichkeit zu geben, sich als Opfer darzustellen.
Der Vorfall wurde auch im Kontext der Frankfurter Buchmesse 2024 thematisiert, bei der Italien Ehrengastland war. Wie nd-aktuell berichtet, wurde die Weigerung der italienischen Regierung, Roberto Saviano in die offizielle Delegation aufzunehmen, zum Politikum. Saviano, der aufgrund seiner Mafia-Enthüllungen unter Polizeischutz steht, wurde vom Messechef Jürgen Boos eingeladen und kritisierte die Regierung Meloni scharf. Der Vorfall um Raimo wurde als weiteres Beispiel für die angespannte Situation der Meinungsfreiheit in Italien unter der aktuellen Regierung gewertet.
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