Die Sondierungsgespräche und der daraus resultierende Kompromiss zwischen CDU, SPD und BSW in Thüringen sorgen für erhebliche Spannungen innerhalb des BSW. Wie die FAZ berichtet, kritisiert die Bundesspitze des BSW, insbesondere Sahra Wagenknecht, den erzielten Kompromiss scharf. Wagenknecht bezeichnete die Einigung in der "Frage von Krieg und Frieden" als "Fehler" und bemängelte, dass die Thüringer Präambel deutlich hinter dem Brandenburger Kompromiss zurückbleibe. Als Beispiel nannte sie die fehlende explizite Kritik an der Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen in Deutschland, die im Thüringer Papier lediglich als Anliegen "von Teilen der Bürger" dargestellt wird (FAZ.NET).
Diese Kritik wird von weiteren hochrangigen BSW-Mitgliedern verstärkt. Bundesschatzmeister Ralph Suikat und die Parlamentarische Geschäftsführerin Jessica Tatti äußerten in einem Gastbeitrag für t-online scharfe Kritik an den Thüringer Verhandlungsführern Katja Wolf und Steffen Schütz. Sie werfen ihnen vor, die friedenspolitischen Positionen des BSW nicht ausreichend vertreten zu haben und auf dem "besten Weg" zu sein, "das BSW zu einer Partei zu machen, von der es nicht noch eine braucht". Die beiden kritisieren, dass die Positionen der CDU, insbesondere die von Friedrich Merz vertretene Westbindung, zu stark berücksichtigt worden seien. Sie betonen, dass das BSW nicht als Mehrheitsbeschaffer für die CDU dienen wolle und "nicht vor Merz kapitulieren" werde (Spiegel Online).
Die NZZ berichtet, dass Suikat und Tatti Katja Wolf sogar den Parteiaustritt nahelegen, sollte sie die Positionen von Sahra Wagenknecht zu "Frieden und Corona-Aufarbeitung" nicht in den Koalitionsverhandlungen durchsetzen. Ähnliche Kritik kommt auch von anderen BSW-Politikern wie Friedrich Pürner und Andreas Uhlig, die die Alleinstellungsmerkmale des BSW gefährdet sehen. Die unterschiedlichen Entwicklungen der Landesverbände werden ebenfalls thematisiert. Während sich das Thüringer BSW im Landtag gegen die AfD positioniert, stimmten in Sachsen mehrere BSW-Abgeordnete mit der AfD für einen Corona-Untersuchungsausschuss, was zu einem Bruch der Sondierungsgespräche mit der SPD führte (NZZ).
Trotz der massiven Kritik aus der Bundesspitze stimmten die Parteigremien des BSW Thüringen den Koalitionsverhandlungen mit CDU und SPD zu. Katja Wolf betonte, die Verantwortung der Wähler ernst zu nehmen und sich auf konstruktive Verhandlungen zu freuen. Wie der MDR berichtet, begannen die Koalitionsgespräche am Dienstag mit einem ersten Treffen der Landesspitzen. Es wurden sieben Verhandlungsgruppen zu Themen wie Wirtschaft und Migration gebildet. Die Linke äußerte Zweifel an der Stabilität einer möglichen "Brombeer-Koalition" und kritisierte die Abhängigkeit von der AfD für eine Mehrheit im Landtag (MDR).
N-tv berichtet, dass die Zustimmung der BSW-Bundesspitze zu den Koalitionsverhandlungen hinter den Kulissen erfolgte, obwohl öffentlich Kritik am Kompromiss geübt wurde. Die Verhandlungen können nun fortgesetzt werden. Katja Wolf verteidigte die Vereinbarung und betonte den Willen des BSW Thüringen zu konstruktiven Verhandlungen mit CDU und SPD (N-tv).
Die Süddeutsche Zeitung berichtet ebenfalls über die scharfe Kritik der BSW-Bundesspitze am Thüringer Landesverband. Wagenknecht äußerte Zweifel, ob am Ende der Koalitionsgespräche ein Ergebnis stehe, das das BSW vor seinen Wählern vertreten könne. Suikat und Tatti warfen der Thüringer BSW-Spitze vor, die Positionen aufzugeben, für die das BSW gewählt worden sei, und drohten mit einem möglichen Parteiausschluss (Süddeutsche Zeitung).
Der Merkur berichtet über die Zustimmung der BSW-Gremien zu den Koalitionsverhandlungen in Thüringen trotz der Kritik aus der Bundesspitze. Wolf betonte das Ziel einer "stabilen und zukunftsorientierten Regierung" und die Verantwortung gegenüber den Wählern (Merkur).
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