4.11.2024
Kindergrundsicherung: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Kommt die Unterstützung des Sozialstaats bei den Kindern an?

Die Frage, ob Sozialleistungen tatsächlich den Bedürfnissen von Kindern gerecht werden, ist Gegenstand anhaltender Diskussionen. Während Kritiker befürchten, dass finanzielle Hilfen nicht zielgerichtet eingesetzt werden, verweisen Studien auf positive Auswirkungen. Ein Blick auf die Faktenlage zeigt ein komplexes Bild.

Eine 2018 von sechs US-amerikanischen Universitäten durchgeführte Studie mit dem Titel "Baby's First Years" untersuchte den Einfluss von Sozialleistungen auf Kinder aus einkommensschwachen Familien. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, beteiligten sich an dieser Studie Experten verschiedener Disziplinen, darunter Neurowissenschaftler, Psychologen und Ökonomen. Ziel war es, die Lebenschancen dieser Kinder zu evaluieren und den Einfluss der finanziellen Unterstützung zu ermitteln (FAZ, 04.11.2024).

Eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Auftrag der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2018 untersuchte die Verwendung von Kindergeld und Landeserziehungsgeld in Deutschland. Die Ergebnisse zeigen, dass die Gelder überwiegend zweckmäßig eingesetzt werden. So investierten Familien mit erhöhtem Kindergeld in größere Wohnungen und die Bildung ihrer Kinder. Die Wahrscheinlichkeit für den Besuch einer Kindertagesbetreuung stieg um fünf Prozentpunkte pro 100 Euro Kindergeld. Auch die Teilnahme an Freizeitaktivitäten wie Kinderturnen und Musikerziehung nahm zu. Entgegen der weitverbreiteten Annahme gab es keinen Zusammenhang zwischen der Höhe des Kindergeldes und dem Konsum von Alkohol oder Zigaretten (Bertelsmann Stiftung, 21.11.2018).

Die dpa berichtete am 21.11.2018 ebenfalls über die ZEW-Studie und zitierte Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, mit den Worten: "Direkte finanzielle Leistungen für Familien sind sinnvoller als aufwendig zu beantragende Sachleistungen." Dräger betonte, dass das Geld bei den Kindern ankomme und nicht von den Eltern für eigene Zwecke missbraucht werde. Die Bertelsmann Stiftung plädiert für ein vereinfachtes System der Familienförderung, das gezielt arme Kinder und Jugendliche erreicht.

Die Bundesregierung plant die Einführung der Kindergrundsicherung, die verschiedene Leistungen wie Kindergeld, Kinderzuschlag und Teile des Bildungs- und Teilhabepakets bündeln soll. Ziel ist es, die Bürokratie zu reduzieren und Familien besser zu unterstützen. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) betont, dass die Kindergrundsicherung allen Kindern zugutekommen und dazu beitragen soll, Kinderarmut zu bekämpfen (BMFSFJ, 30.08.2023). Allerdings gibt es auch kritische Stimmen, die die Höhe der geplanten Mittel und die Umsetzung der Reform in Frage stellen, wie der rbb am 28.08.2023 berichtete.

Die Diskussion um die Wirksamkeit von Sozialleistungen ist komplex. Während Studien belegen, dass finanzielle Unterstützung Familien hilft und die Lebenschancen von Kindern verbessert, bleiben Fragen zur optimalen Gestaltung und Ausgestaltung der Leistungen offen. Die geplante Kindergrundsicherung ist ein Schritt in Richtung Vereinfachung und bessere Unterstützung, ihre tatsächliche Wirkung wird sich jedoch erst in der Praxis zeigen.

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