27.10.2024
Stellwerkstörung sorgt für massive Bahnprobleme in Oberstdorf

Urlauber, die die Region Oberstdorf mit der Bahn erreichen wollen, müssen sich in den kommenden Jahren auf erhebliche Einschränkungen einstellen. Wie die Deutsche Bahn (DB) ankündigte, werden die Bahnfahrten von und nach Oberstdorf aufgrund einer notwendigen Stellwerksanierung beeinträchtigt. Fernverkehrsverbindungen werden vorerst komplett gestrichen, wie die Zeit am 27. Oktober 2024 berichtete.

Die Entscheidung der DB hat nicht nur Auswirkungen auf den Tourismus in Oberstdorf selbst, sondern betrifft auch umliegende Orte, die auf den Bahnhof Oberstdorf angewiesen sind, wie beispielsweise das Kleinwalsertal in Österreich. Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) forderte die Bahn zu einer schnelleren Reparatur oder der Errichtung eines Notstellwerks auf. Wirtschaftsvertreter sprechen von einem "Desaster", und Kommunalpolitiker beraten laut Angaben der Marktgemeinde Oberstdorf derzeit über Handlungsmöglichkeiten.

Die DB begründet die Einschränkungen mit einem "massiven Kabelschaden" im Stellwerk, der einen Komplettaustausch der Anlage erforderlich mache. Derzeit stehe im Bahnhof Oberstdorf nur noch ein Gleis zur Verfügung, wodurch nicht mehr alle Züge ein- und ausfahren könnten.

Die Fernverkehrs-Direktverbindungen aus Dortmund und Hamburg werden "bis auf Weiteres" komplett gestrichen. Einen Zeitpunkt für die Wiederaufnahme des Intercity-Verkehrs nannte die DB nicht. Es sei aber geplant, Oberstdorf zu einem späteren Zeitpunkt wieder an das Fernverkehrsnetz anzubinden, so eine DB-Sprecherin. Die Planung und der Bau eines Stellwerks dauerten in der Regel mehrere Jahre.

Auch der Regionalverkehr ist von den Folgen des Schadens betroffen. Die Fahrzeit der Züge aus München und Augsburg verlängert sich um bis zu 20 Minuten. Einzelne Verbindungen fallen komplett aus und werden durch Ersatzbusse bedient. Die Bahn sieht für Fernverkehrsreisende dennoch "weiterhin attraktive Reisemöglichkeiten". So könnten Fahrgäste von und nach Oberstdorf in den Großstädten München, Augsburg oder Ulm umsteigen und dort das gut ausgebaute ICE-Angebot nutzen.

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwaben befürchtet durch die Baumaßnahme eine Schwächung des Allgäus im Wettbewerb mit anderen Ferienregionen. "Mit dem plötzlichen Aus für die Intercitys nach Oberstdorf verlieren auch Kempten, Kaufbeuren, Immenstadt, Sonthofen und Fischen ihre Fernverkehrs-Verbindungen", gab IHK-Mobilitätsexperte Peter Stöferle zu bedenken. Oberstdorf sei für die DB ein "unbequemer Zielbahnhof", da er neben Sylt der einzige Fernverkehrs-Endpunkt sei, der nicht mit E-Loks angefahren werden könne. "Hier rächt es sich zusätzlich, dass die seit Jahrzehnten überfällige Elektrifizierung immer noch fehlt", so Stöferle.

Es gibt zwar Planungen, das Angebot im Allgäu durch den Einsatz neuartiger Wasserstoff-Züge zu verbessern, doch bislang sind die meisten Züge dort noch mit Dieselmotoren unterwegs. Die IHK sieht in der aktuellen Situation im Raum Oberstdorf die Folge von zu lange unterbliebenen Investitionen in die Streckeninfrastruktur. Es sei "ein Desaster - für die Bahn und für den Tourismus", so Stöferle.

Auch die Hoteliers im Kleinwalsertal bedauern das vorläufige Ende der Fernverkehrsanbindung nach Oberstdorf. "Gerade diese Verbindungen waren sehr attraktiv", sagte Ule Peter Haak vom Tourismusbüro Kleinwalsertal. Die Bahn sei aber bereits seit Jahren nicht sehr zuverlässig. Für ältere Reisende sei die Situation besonders problematisch. Die Bahn sei "eine Servicewüste" geworden.

Grundsätzlich sei man froh über jeden Gast, der mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreise und so zur Entlastung der Verkehrssituation im Allgäu beitrage, erklärte Haak. Die Busverbindungen zwischen Oberstdorf und dem Kleinwalsertal seien hervorragend. "Aber jetzt ist die Bahn definitiv das Problem."

Obwohl das Kleinwalsertal zu Österreich gehört, sind die Betriebe dort stark vom Verkehrsanschluss nach Deutschland abhängig. Aufgrund seiner geografischen Lage hat das beliebte Alpental keine direkte Verbindung zu seinen österreichischen Nachbarorten.

Minister Bernreiter drängt auf eine zügige Lösung seitens der Bahn. Oberstdorf sei mit über 2,7 Millionen Übernachtungen pro Jahr eine der wichtigsten Tourismusdestinationen in Bayern, betonte das Verkehrsministerium in München. "Hinzu kommen zahlreiche Tagesgäste, Pendler und Schüler, die das Zugangebot nutzen." Die gestrichenen IC-Züge könnten zumindest bis Kempten, Immenstadt oder Sonthofen fahren, so Bernreiter. Außerdem verlangt er von der Bahn Auskunft darüber, wo im Freistaat ähnliche Einschränkungen drohen, da es im bayerischen Schienennetz zahlreiche Stellwerke älteren Baujahres gebe.

Quelle: https://www.zeit.de/news/2024-10/27/bahn-schraenkt-angebot-im-allgaeuer-tourismus-hotspot-ein

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