Der seit April 2023 andauernde Machtkampf im Sudan zwischen der Armee unter Militärherrscher Abdel Fattah al-Burhan und der paramilitärischen RSF-Miliz seines ehemaligen Stellvertreters Mohammed Hamdan Daglo hat eine neue Eskalationsstufe erreicht. Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig schwerer Kriegsverbrechen und Massaker an der Zivilbevölkerung. Die ohnehin schon katastrophale humanitäre Lage im Land verschärft sich zusehends.
Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, wirft die sudanesische Regierung der RSF-Miliz vor, innerhalb von zwei Tagen mindestens 120 Zivilisten im Bundesstaat Al-Dschasira getötet zu haben. Das Außenministerium der Armee-gestützten Regierung sprach von einem „neuen Massaker“ im Ort Hilalija. Die Opfer seien entweder durch Schüsse oder aufgrund von Lebensmittelvergiftungen und mangelnder medizinischer Versorgung gestorben. Die RSF habe den Ort zwei Wochen lang belagert und den Bewohnern den Zugang zu Nahrung, Wasser und medizinischer Versorgung verwehrt, so die Darstellung der Regierung.
Die RSF weist die Vorwürfe zurück und beschuldigt ihrerseits die Armee, bei einem Luftangriff in Nord-Darfur 60 Menschen in einem Vertriebenencamp getötet zu haben. Ein Sprecher der Miliz erklärte via Telegram, bei dem Angriff sei eine Grundschule zerstört worden, in der 35 Familien Zuflucht gesucht hätten. Die Armee kontrolliert in der Region Darfur nur noch Teile des Bundesstaates Nord-Darfur.
Die Ärztegewerkschaft des Sudan berichtet, die RSF-Miliz habe den Bewohnern von Hilalija ihren gesamten Besitz geraubt und sie in Moscheen festgehalten. Die Freilassung sei nur gegen die Zahlung hoher Geldsummen möglich gewesen. Augenzeugenberichte bestätigen die Belagerung des Ortes durch die RSF und die daraus resultierende humanitäre Notlage.
Der Konflikt im Sudan hat nach UN-Angaben bereits zehntausende Menschenleben gefordert und mehr als zehn Millionen Menschen in die Flucht getrieben. UN-Generalsekretär António Guterres sprach vor dem UN-Sicherheitsrat von einem „Albtraum der Gewalt“ und „unsäglichen Gräueltaten“, darunter weit verbreitete Vergewaltigungen und sexuelle Übergriffe. Der Sicherheitsrat setzte daraufhin zwei Vertreter der RSF auf die Sanktionsliste.
Die Kämpfe konzentrieren sich derzeit auf die Hauptstadt Khartum und die Region Darfur. Die strategisch wichtige Shambat-Brücke in Khartum, eine wichtige Versorgungsroute für die RSF, wurde zerstört. Auch die Ölraffinerie El Jeili nördlich von Khartum, die unter Kontrolle der RSF steht, sowie Regierungsgebäude und Krankenhäuser in Khartum wurden bombardiert. Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig der Zerstörung ziviler Infrastruktur.
Internationale Vermittlungsversuche unter der Führung von Saudi-Arabien und den USA blieben bislang erfolglos. Südsudans Präsident Salva Kiir bemüht sich im Auftrag der Nachbarstaaten um eine Vermittlerrolle und plant ein Treffen mit den Konfliktparteien und politischen Führern des Sudan. Auch Kenia engagiert sich in den diplomatischen Bemühungen.
Die Lage in Darfur ist besonders besorgniserregend. Die RSF erobert dort systematisch weitere Gebiete und kontrolliert mittlerweile fast die gesamte Region. Berichte über Massaker an der Zivilbevölkerung, insbesondere an Angehörigen der Masalit-Minderheit in West-Darfur, häufen sich. Die UN und westliche Regierungen warnen vor einem erneuten Völkermord in der Region.
Die humanitäre Lage im Sudan spitzt sich dramatisch zu. Millionen Menschen sind auf der Flucht und benötigen dringend Hilfe. Der Zugang humanitärer Organisationen zu den betroffenen Gebieten wird durch die anhaltenden Kämpfe stark behindert. Die UN appelliert an die internationale Gemeinschaft, ihre Hilfsanstrengungen zu verstärken.
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