Das Rostocker Klinikum Südstadt bleibt weiterhin das einzige Krankenhaus in Mecklenburg-Vorpommern mit Babylotsinnen. Wie die Zeit berichtet, haben seit Projektbeginn im Sommer 2022 über 1.400 Familien die Unterstützung dieses Angebots genutzt. Angesichts der steigenden Nachfrage plant das Klinikum nach der erfolgreichen Pilotphase die dauerhafte Etablierung der Babylotsinnen.
Drei speziell geschulte Babylotsinnen unterstützen werdende und frischgebackene Mütter im Klinikum. Ihr Angebot richtet sich an Frauen in schwierigen Lebenssituationen, die von mangelnder familiärer Unterstützung über Suchtprobleme bis hin zu Gewalterfahrungen reichen. Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) unterstreicht die Bedeutung der Lotsinnen, besonders in der Zeit nach der Geburt. Sie sieht darin auch eine Entlastung für das Klinikpersonal. Am 30. Oktober 2024 fand laut NDR das erste Landesfachforum "Rund um die Geburt" in der Rostocker Südstadtklinik statt. Rund 150 Fachkräfte, darunter Hebammen, Ärzte und Sozialarbeiter, diskutierten dort über die Verbesserung der Unterstützung für werdende Eltern mit psychischen Belastungen. Es bestand Einigkeit darüber, dass psychische Probleme bei Schwangeren und jungen Müttern häufig vorkommen und oft tabuisiert werden.
Das Modell der Babylotsinnen stammt ursprünglich aus Hamburg. Im Juni verständigten sich die Gesundheitsminister der Länder darauf, solche Lotsendienste bundesweit in Geburts- und Kinderkliniken gesetzlich zu verankern und deren Finanzierung zu sichern. Rostocks Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger (Linke) befürwortet diese Forderung und betont, dass die Kommunen diese Aufgabe nicht alleine bewältigen können. Die Süddeutsche Zeitung berichtet, dass das Rostocker Programm jährlich mit knapp 200.000 Euro finanziert wird. Die Gelder stammen von der Bundesstiftung Frühe Hilfen, dem Bundesfamilienministerium, der Stadt und dem Landkreis Rostock. Auch der Verein Charisma ist beteiligt.
Die Babylotsinnen werden bereits bei der Geburtsanmeldung oder spätestens bei der Aufnahme in den Kreißsaal aktiv. Im Rahmen der Anamnese erfragen Ärzte und Hebammen die Lebenssituation der Familien. Mit deren Zustimmung werden die Informationen in einem Fragebogen dokumentiert. Bei erkennbarem Bedarf bieten die Lotsinnen Gespräche an und vermitteln gegebenenfalls weitere Unterstützung. Das Klinikum nennt Beispiele: Einer frisch zugewanderten Mutter in einer Notunterkunft mit Angst vor häuslicher Gewalt wurde ein Platz in einem Frauenhaus vermittelt. Einer werdenden Mutter mit Cannabiskonsum wurde bei Anträgen geholfen und eine Psychotherapeutin vermittelt. Auch einer Mutter ohne familiäre Unterstützung und mit psychischer Erkrankung wurde therapeutische Hilfe vermittelt.
Laut Katapult MV sind fünf Sozialpädagoginnen als Babylotsinnen in Rostock tätig. Das Projekt möchte Familien mit begrenzten Ressourcen erreichen, die sonst Schwierigkeiten hätten, an Hilfsangebote zu gelangen. Die Babylotsinnen konzentrieren sich auf den psychosozialen Bereich und entlasten dadurch Ärzte und Hebammen, die sich auf die medizinische Versorgung fokussieren können. Das Unterstützungsangebot ist vielfältig und reicht von Hilfestellung bei Behördengängen über die Vermittlung von Dolmetscher*innen bis hin zur Beratung bei Suchtproblemen oder häuslicher Gewalt. Das präventiv ausgerichtete Projekt soll Probleme frühzeitig erkennen, bevor sie die Kindesentwicklung negativ beeinflussen. Ein Fragebogen hilft, den Bedarf an psychosozialer Unterstützung festzustellen. Das Babylotsinnen-Projekt wurde 2007 in Hamburg ins Leben gerufen und ist mittlerweile an über 90 Kliniken und Praxen in Deutschland vertreten.
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