Die Regierung von Premierminister Michel Barnier in Frankreich ist am Mittwochabend durch ein Misstrauensvotum gestürzt. 331 Abgeordnete stimmten laut FAZ für den Antrag des Linksbündnisses – 43 mehr als für die absolute Mehrheit erforderlich. Der Tagesspiegel hebt die gemeinsame Zustimmung des Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen und des linken Lagers hervor, die zusammen die notwendige Mehrheit erreichten. Es handelt sich um ein historisches Ereignis, da eine französische Regierung erst zum zweiten Mal in der Geschichte der Fünften Republik auf diese Weise gestürzt wurde. Das letzte Mal, wie die FAZ erläutert, geschah dies 1962 unter Premierminister Georges Pompidou.
Auslöser der Krise ist der anhaltende Streit um den Haushalt 2025. Barnier hatte laut FAZ versucht, den Sparhaushalt mithilfe des Verfassungsartikels 49.3 durchzusetzen, um die Debatte über die Finanzierung der Sozialversicherungssysteme zu beenden. Dieser Schritt, der die Vertrauensfrage mit dem Haushaltsentwurf verband, provozierte den Misstrauensantrag der linken Opposition. Wie der Spiegel berichtet, machte Barnier dem RN im Vorfeld Zugeständnisse, unter anderem bei den Medikamentenkosten. Diese reichten jedoch nicht aus, um Le Pens Unterstützung zu gewinnen.
Der Deutschlandfunk zitiert Barnier aus der Parlamentsdebatte, in der er von einem „Moment der Wahrheit und der Verantwortung“ sprach und die Abgeordneten zu einer Gewissensentscheidung aufrief. Er warnte vor den Konsequenzen eines Regierungssturzes und betonte, dass die schwierige Finanzlage durch ein Misstrauensvotum nicht gelöst werde.
Der Regierungssturz hat weitreichende politische Folgen. Präsident Emmanuel Macron sucht laut Tagesschau bereits nach einem Nachfolger für Barnier. Die Suche nach einer neuen Regierung gestaltet sich jedoch voraussichtlich schwierig, da weder das linke Lager noch Macrons Mitte-Parteien oder die Rechtsnationalen über eine eigene Mehrheit verfügen. Vorgezogene Neuwahlen sind laut Verfassung, wie FAZ und Spiegel übereinstimmend berichten, erst im Sommer 2025 möglich. Bis dahin bleibt die politische Lage in Frankreich angespannt.
Die Tagesschau zitiert den RN-Sprecher Laurent Jacobelly, der die „klaren roten Linien“ seiner Partei betont: Kaufkraft, Steuerbelastung und die vollständige Anpassung der Renten an die Inflation. Für Le Pen, die laut fr.de in den meisten Umfragen führt, ist der Widerstand gegen den Sparhaushalt und die damit verbundene Verschiebung des Inflationsausgleichs ein wichtiger Wahlkampfpunkt. Wie fr.de analysiert, spielt für Le Pen auch das im März erwartete Urteil im RN-Prozess wegen Veruntreuung von EU-Geldern eine Rolle. Ein möglicher Ausschluss von Wahlen könnte sie dazu bewegen, vorgezogene Präsidentschaftswahlen zu provozieren.
Die wirtschaftlichen Folgen des Regierungssturzes sind ebenfalls schwerwiegend. Wie der Deutschlandfunk berichtet, drohen durch das Scheitern des Sozialetats unter anderem Steuererhöhungen und ausbleibende Rentenerhöhungen für Landwirte. fr.de warnt vor möglichen Auswirkungen auf die Börsen und den Euro, da Frankreich hoch verschuldet ist und bereits jetzt höhere Zinsen auf Staatsanleihen zahlt als Griechenland während der Krise 2011.