September 16, 2024
Chancen und Herausforderungen der offenen Wissenschaft

Wissenschaft: Welche Chancen und Risiken „Open Science“ birgt

In den letzten Jahren hat das Konzept der „Open Science“ zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die Idee hinter Open Science ist es, den Zugang zu wissenschaftlichen Informationen und Forschungsergebnissen zu erleichtern und zu fördern. Dies geschieht durch die Bereitstellung von offenen Daten, Publikationen und anderen Ressourcen, die es einer breiteren Öffentlichkeit ermöglichen, auf wissenschaftliche Erkenntnisse zuzugreifen und diese zu nutzen. Die Rhein-Main-Universitäten haben sich zum Ziel gesetzt, einen möglichst unbegrenzten Zugang zu ihren Forschungsergebnissen zu gewähren, was sowohl Chancen als auch Risiken mit sich bringt.

Ein Beispiel für die Vorteile von Open Science zeigt sich in der Corona-Pandemie, als die schnelle Verbreitung von Forschungsergebnissen entscheidend war, um die Öffentlichkeit über den Virus und die entsprechenden Maßnahmen zu informieren. Hochschulen verfolgen das Ziel, Wissenschaft für ein möglichst großes Publikum zugänglich zu machen. Open Science umfasst nicht nur die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen, sondern auch die Bereitstellung von Originaldaten, Software und den Methoden, mit denen diese Ergebnisse erzielt wurden.

Förderung von Transparenz und Zusammenarbeit

Die Universitäten in Frankfurt, Darmstadt und Mainz haben sich verpflichtet, alle Aspekte von Open Science zu unterstützen. In einem internen Dokument, das der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vorliegt, bekunden sie ihren Willen, freien Zugang zu Daten, Forschungsergebnissen, Lehrmaterialien und Teilen ihrer Infrastruktur zu gewähren, wo dies möglich und sinnvoll ist. Diese Maßnahmen sollen die Überprüfbarkeit und Nutzbarkeit von Forschungsresultaten verbessern und die Sichtbarkeit der Wissenschaft erhöhen.

Ein Open-Science-Festival, das an der Universität Mainz stattfindet, bietet eine Plattform, um Ideen und Initiativen für eine transparente Wissenschaft zu präsentieren. Stefan Müller-Stach, der Vizepräsident für Forschung an der Gutenberg-Universität Mainz, betont, dass Open Access – das Publizieren außerhalb von Fachzeitschriften – die Forschung voranbringt. Er ist der Überzeugung, dass gute Wissenschaft nur dann gedeihen kann, wenn Ergebnisse so früh wie möglich veröffentlicht werden.

Risiken der Offenheit

Dennoch bringt die erhöhte Transparenz auch Risiken mit sich. Müller-Stach weist darauf hin, dass es bei Open Access zu einem Missbrauch kommen kann, bei dem wertvolle Forschungsergebnisse von Betrügern gestohlen und in minderwertigen Fachzeitschriften veröffentlicht werden. Forscher müssen sensibilisiert werden, ihre originellen Ideen nicht zu früh preiszugeben, um sich vor solchen Risiken zu schützen.

Ein weiteres Problem stellt die Nutzung von Preprint-Servern dar, auf denen Arbeiten vor der Begutachtung durch Fachkollegen veröffentlicht werden. Es gab bereits Fälle, in denen solche Plattformen für unwissenschaftliche Zwecke verwendet wurden. Ein Beispiel ist ein Vorfall an der Universität Frankfurt, bei dem ein ehemaliger Mitarbeiter ein Paper mit einer absurden Erfolgsmeldung veröffentlichte, um seine frühere Arbeitsgruppe in Misskredit zu bringen.

Trotz der Risiken gibt es auch positive Aspekte der Offenheit. Müller-Stach glaubt, dass Open Access dazu führen könnte, dass mehr Fälle von wissenschaftlichem Fehlverhalten gemeldet werden. Dies könnte zu einem Qualitätsgewinn führen, sofern es sich nicht um unbegründete Verleumdungen handelt.

Die Rolle der Privatgelehrten

Ein weiteres Phänomen, das mit Open Science einhergeht, ist die Möglichkeit, dass selbst ernannte Privatgelehrte aus frei verfügbaren Daten und Aufsätzen eigene Schlüsse ziehen und diese den professionellen Wissenschaftlern unverlangt präsentieren. Müller-Stach erhält gelegentlich Post von Hobbymathematikern, die behaupten, bedeutende wissenschaftliche Entdeckungen gemacht zu haben, wie zum Beispiel den Beweis der Riemann-Vermutung. Diese Interaktionen zeigen, dass die Offenheit der Wissenschaft sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben kann.

Fazit

Open Science bietet sowohl Chancen als auch Risiken für die wissenschaftliche Gemeinschaft. Die Förderung von Transparenz und Zusammenarbeit kann die Forschung voranbringen und den Zugang zu wichtigen Informationen erleichtern. Gleichzeitig müssen jedoch auch die potenziellen Gefahren, wie Missbrauch und wissenschaftliches Fehlverhalten, ernst genommen werden. Die Herausforderung besteht darin, ein Gleichgewicht zu finden, das die Vorteile von Open Science maximiert und gleichzeitig die Risiken minimiert.

Die Diskussion über Open Science wird weiterhin an Bedeutung gewinnen, insbesondere in Anbetracht der sich ständig verändernden Landschaft der wissenschaftlichen Kommunikation und der Notwendigkeit, den Zugang zu Wissen zu demokratisieren.

Quellen: Frankfurter Allgemeine Zeitung

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