Vor der Küste Kaliforniens haben Unterwasserroboter und -drohnen ein faszinierendes Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt: das Wrack des Zerstörers USS Stewart (DD-224). Das Schiff, das eine bewegte Vergangenheit und den Beinamen „Geisterschiff des Pazifiks“ trägt, wurde in mehr als 1000 Metern Tiefe gefunden, wie das Unternehmen Ocean Infinity, das die Suche durchführte, bekannt gab.
Die von Ocean Infinity veröffentlichten Fotos zeigen den Zerstörer in einem erstaunlich guten Zustand. „Schon die ersten Ultraschallaufnahmen belegten, dass die Stewart fast vollständig erhalten geblieben ist. Ihr Rumpf sitzt aufrecht auf dem Meeresgrund“, erklärte das Unternehmen. Dieser bemerkenswerte Zustand macht das Wrack zu einem bedeutenden Fund für die Marinegeschichte. „Die Stewart ist vermutlich einer der am besten erhaltenen sogenannten 4-Stacker der amerikanischen Marine“, so Ocean Infinity.
Die USS Stewart, ein Zerstörer der Clemson-Klasse, wurde im September 1920 in Dienst gestellt. Ihre Laufbahn begann mit Einsätzen vor der amerikanischen Küste, bevor sie dem Zerstörungsgeschwader im Atlantik zugeteilt wurde und an Übungen in der Karibik teilnahm. Ab Sommer 1921 unterstützte sie die amerikanische Flotte in Asien. In den Folgejahren war sie an verschiedenen Missionen beteiligt, darunter die Unterstützung von Erdbebenopfern in der Bucht von Tokio und die Absicherung der ersten Weltumrundung durch die amerikanische Luftwaffe.
Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde die USS Stewart dem alliierten Marineverband zugeteilt, der Anfang 1942 gegen japanische Streitkräfte in der Straße von Badung vor Sumatra kämpfte. Während der Schlacht erlitt der Zerstörer mehrere Treffer und wurde schwer beschädigt. In einem Schwimmdock in Surabaya sollten die Schäden behoben werden, doch ein Fehler beim Aufbocken führte zu weiteren Beschädigungen an Rumpf und Schiffsschrauben. Die Navy sah sich gezwungen, das Dock mitsamt der USS Stewart zu versenken.
In den darauffolgenden Kriegsjahren berichteten alliierte Piloten wiederholt von der Sichtung eines „alten amerikanischen Zerstörers, der weit hinter den feindlichen Linien operiert“. Erst nach Kriegsende klärte sich das Rätsel um das vermeintliche Geisterschiff auf. Die japanische Marine hatte die USS Stewart gehoben, repariert und als Patrouillenboot unter dem Namen „Patrouillenboot Nr. 102“ eingesetzt. Nach Kriegsende fanden amerikanische Truppen das Schiff schwer beschädigt vor Südkorea. Die USS Stewart wurde wieder in Dienst gestellt, doch bei dem Versuch, sie nach Kalifornien zu überführen, versagten die Maschinen. Im Frühjahr 1946 erreichte das Schiff den Hafen von San Francisco im Schlepp. Zwei Monate später wurde es schließlich etwa 50 Kilometer vor der Küste versenkt – und geriet für Jahrzehnte in Vergessenheit.
Die Entdeckung des Wracks durch Ocean Infinity wirft nun ein neues Licht auf die faszinierende Geschichte der USS Stewart. Das „Geisterschiff des Pazifiks“ ist wieder aufgetaucht und bietet einen einzigartigen Einblick in die Vergangenheit. Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (F.A.Z.) berichtet, ist der Fund von großer Bedeutung für die Marinegeschichte.
Quelle: F.A.Z.