Das 19. Jahrhundert war eine Zeit des Umbruchs und der Veränderung. Die industrielle Revolution veränderte die Lebenswelt der Menschen grundlegend, während gleichzeitig neue politische Ideen wie Liberalismus und Nationalismus aufkamen. Inmitten dieser Umbrüche bot die Kunst den Menschen Zuflucht und Sehnsucht nach einer anderen, besseren Welt.
Besonders deutlich wird dies in den Gemälden der Romantik, die die Schönheit der Natur und die Sehnsucht nach vergangenen Zeiten idealisierten. So malte Leo von Klenze im Jahr 1840, als die europäischen Großmächte in der Orientkrise um Palästina, Syrien und Anatolien in Aufruhr waren, das Forum Romanum in stiller Größe. Das Bild, das am 26. Oktober bei Lempertz in Berlin versteigert wird, zeigt die Ruinen des antiken Roms unter einem von Abendrot überhauchten Himmel. Es strahlt eine tiefe Ruhe und Friedlichkeit aus, die in starkem Kontrast zu den politischen Spannungen der Zeit steht. Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet, fand Klenze in Italien immer wieder Vorbilder für seine Bauten.
Ein weiteres Beispiel für die Sehnsucht nach einer idealisierten Vergangenheit ist das Gemälde „Ein Kanonier auf Schildwache“ von Carl Spitzweg aus dem Jahr 1846. Der Künstler nimmt hier das Milizenwesen der deutschen Kleinstaaterei humorvoll auf die Schippe und zeigt einen gelangweilten Soldaten, der mangels anderer Aufgaben strickt. Das Bild kann als ironischer Kommentar zur politischen Situation der Zeit verstanden werden, in der die deutsche Einheit noch in weiter Ferne lag. Für das Nachgeborene wirkt es jedoch eher wie ein Bild aus einer nostalgisch verklärten guten alten Zeit.
Doch nicht nur die Vergangenheit, auch die Ferne übte auf die Menschen des 19. Jahrhunderts eine große Faszination aus. Wilhelm Kuhnert entführte das bürgerliche Publikum mit seinen Gemälden auf Safari nach Afrika und zeigte exotische Tiere in freier Wildbahn. Seine Werke zeugen von der Faszination für das Unbekannte und Exotische, die für das 19. Jahrhundert charakteristisch war.
Die Kunst des 19. Jahrhunderts ist also viel mehr als nur eine Abbildung der damaligen Realität. Sie ist Ausdruck der Sehnsüchte und Wünsche der Menschen, die in einer Zeit des Umbruchs und der Veränderung nach Halt und Orientierung suchten. Und vielleicht ist es gerade diese Sehnsucht nach einer anderen, besseren Welt, die die Kunst des 19. Jahrhunderts auch heute noch so aktuell erscheinen lässt.
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