Deutschlands Energiewende steht vor einem Dilemma: Der Ausbau erneuerbarer Energien schreitet zügig voran, doch die volatile Stromerzeugung stellt das Stromnetz vor große Herausforderungen. Es mangelt an ausreichenden Speicherkapazitäten. Großbatterien, sogenannte Megabatterien, bieten eine vielversprechende Lösung, doch viele Projekte verzögern sich, weil die notwendigen Netzanschlüsse fehlen. Wie die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (F.A.S.) berichtet, droht Deutschland ein Stromnetz-Kollaps, während gleichzeitig zahlreiche Megabatterien auf ihren Anschluss warten.
Ein Beispiel hierfür ist das Projekt in Alfeld, Niedersachsen, wo Europas größter Batteriespeicher entstehen soll. Das Vorhaben von Kyon Energy, einem Münchner Start-up und Marktführer im Bereich Stromspeicher, verdeutlicht die Problematik: Der Bau der Megabatterie selbst verläuft nach Plan, doch die fehlende Netzanbindung stellt ein massives Hindernis dar. Florian Antwerpen, Ko-Geschäftsführer von Kyon Energy, erklärte gegenüber der F.A.S., dass Wartezeiten von 24 bis 30 Monaten mittlerweile üblich seien und Anfragen von Netzbetreibern immer häufiger komplett abgelehnt würden.
Dieses Problem betrifft nicht nur Alfeld. Urban Windelen, Geschäftsführer des Speicherbranchenverbands BVES, bestätigte gegenüber der F.A.S., dass die fehlenden Netzanschlüsse den größten Engpass für den Bau von Stromspeichern darstellen. Er kritisiert die Netzbetreiber, die Speicher weiterhin als potentielle Gefahr und nicht als Lösung für Netzengpässe betrachten würden. Selbst der „Netzanschluss-Gipfel“ im Frühjahr mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck habe keine wesentliche Verbesserung der Situation gebracht.
Die Netzbetreiber hingegen sehen sich, wie beispielsweise das Dortmunder Unternehmen Amprion, Betreiber eines der vier großen Höchstspannungs-Übertragungsnetze in Deutschland, mit einer Flut von Anschlussanfragen konfrontiert. Allein bei Amprion liegen derzeit rund 200 Anschlussanfragen für Großbatterieprojekte vor. Der Anschluss dieser leistungsstarken Batterien erfordert den Bau von Trafostationen und zusätzlichen Freileitungen, was zeit- und ressourcenintensiv ist.
Die steigende Nachfrage nach Stromspeichern hat klare wirtschaftliche Gründe. Die schwankende Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien führt zu größeren Preisschwankungen. Großbatterien können Strom zu Zeiten niedriger Preise aufnehmen und bei Bedarf zu höheren Preisen wieder ins Netz einspeisen, was den Betreibern hohe Renditen ermöglicht. Dieser lukrative Markt lockt neben etablierten Energiekonzernen wie RWE und ENBW auch branchenfremde Unternehmen wie Volkswagen an.
Der rasante Ausbau der Solarenergie verstärkt den Bedarf an Großbatterien zusätzlich. Die sogenannte „Solarspitze“ zur Mittagszeit, wenn die Stromerzeugung hoch, der Verbrauch aber vergleichsweise niedrig ist, führt zu einer Überlastung der Netze. Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, warnte kürzlich im F.A.S.-Interview vor einer Überlastung des Stromnetzes und räumte ein, dass der schnelle Ausbau der Solaranlagen unterschätzt worden sei. Der Energieversorgerverband BDEW befürchtet sogar, dass Stromabschaltungen notwendig werden könnten, um einen Netzzusammenbruch zu verhindern.
Experten schätzen, dass Deutschland bis 2030 Batteriespeicher mit einer Kapazität von mindestens 100 Gigawattstunden (GWh) benötigt. Derzeit liegt die Kapazität laut Battery Charts der RWTH Aachen bei nur 1,9 GWh. Das Fraunhofer ISE Institut in Freiburg prognostiziert einen Bedarf von bis zu 600 GWh bis 2045. Auch cleanthinking.de unterstreicht die Bedeutung von Mega-Batterien für die Energiewende und verweist auf Projekte wie in Arzberg und Bollingstedt. Die Schwäbische Zeitung berichtet über ein geplantes Großspeicherprojekt in Trossingen, welches die Relevanz von Batteriespeichern für die Energiewende hervorhebt.
Die Diskussion um den Netzanschluss von Großbatterien verdeutlicht die Komplexität der Energiewende. Die Technologie zur Stromspeicherung ist vorhanden, doch der Ausbau der Netzinfrastruktur hinkt hinterher. Es braucht schnelle und effiziente Lösungen, um die Megabatterien ans Netz anzuschließen und die Energiewende voranzutreiben.
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