Ein 26-jähriger Industriekaufmann ist mit seiner Klage auf Entschädigung wegen Diskriminierung vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) gescheitert. Er hatte sich wiederholt auf Stellenanzeigen als „Sekretärin“ beworben und nach Ablehnungen aufgrund seines Geschlechts Entschädigung gefordert. Das BAG urteilte am Montag, die Bewerbungen seien missbräuchlich gewesen, weshalb ihm keine Entschädigung zustehe (FAZ).
Der Kläger hatte sich seit 2021 bundesweit auf Sekretärinnenstellen beworben und nach Ablehnungen die Arbeitgeber verklagt. Vor den Landesarbeitsgerichten (LAG) hatte er teilweise Erfolg. Anfang 2023 bewarb er sich bei einer Dortmunder Ingenieurgesellschaft als „Bürokauffrau/Sekretärin“ und gab an, einen Umzug in den Umkreis „gut vorstellen“ zu können, obwohl er 170 Kilometer entfernt wohnte. Die Ingenieurgesellschaft besetzte die Stelle mit einer Frau, ohne auf seine Bewerbung zu reagieren.
Die erneute Klage auf Entschädigung wegen Diskriminierung lehnte das BAG, dem LAG Hamm folgend, ab. Die FAZ zitiert die Begründung des BAG, wonach „durch unredliches Verhalten begründete oder erworbene Rechte oder Rechtsstellungen grundsätzlich nicht schutzwürdig“ seien. Der Kläger habe in verschiedenen Verfahren bundesweit Umzugspläne in die Nähe des jeweiligen Arbeitsortes angegeben, beispielsweise nach Schleswig-Holstein, Berlin, Hagen, Hamburg, Düsseldorf und Nagold. Im aktuellen Fall habe er einen Umzug nach Dortmund behauptet, aber nur auf eine angebliche Wohnungsbewerbung in Bochum verwiesen. Diese Widersprüche ließen die Umzugsbereitschaft und das Interesse an der Stelle unglaubwürdig erscheinen (FAZ).
LTO berichtet, dass der Kläger bereits vor dem LAG Hamm gescheitert war. Das Gericht sah in seinem Vorgehen ein „systematisches und zielgerichtetes Vorgehen“ mit dem ausschließlichen Ziel, Entschädigungsansprüche zu erlangen. Ähnlich wie bei einem Anwalt, der wiederholt wegen diskriminierender Stellenanzeigen klagte, wird auch hier von einem „Geschäftsmodell“ gesprochen (LTO). Onlinehändler-News berichtet, der Kläger habe seine Bewerbungsschreiben im Laufe der Zeit optimiert, nicht jedoch, um die Stelle zu bekommen, sondern um seine Entschädigungschancen zu erhöhen.
WBS.LEGAL berichtet, das LAG Hamm habe die Bewerbungen des Mannes als mangelhaft bewertet, mit Rechtschreib- und Grammatikfehlern und oberflächlicher Auseinandersetzung mit den Stellenanforderungen. Sein Wirtschaftsrechtsstudium lasse zudem keine Vollzeitbeschäftigung zu. Das LAG Hamm sah in seinem Verhalten einen gezielten Missbrauch des AGG zur Erzielung finanzieller Entschädigungen.
Quellen:
- FAZ: https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/entschaedigung-wegen-diskriminierung-bag-lehnt-forderung-von-mann-ab-110178610.html
- LTO: https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/lag-hamm-6sa89623-agg-hopper-wirtschaftsjurist-rechtsmissbrauch
- LTO: https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bag-8azr2124-wirtschaftsjurist-bewerbung-agg-sekretaerin-hopping
- Onlinehändler-News: https://www.onlinehaendler-news.de/recht/urteile-entscheidungen/139496-mann-als-sekretaerin-abgelehnt-jura-student-bekommt-keine-entschaedigung
- WBS.LEGAL: https://www.wbs.legal/arbeitsrecht/agg-hopping-2-0-wenn-ein-jurastudent-sich-als-sekretaerin-bewirbt-72186/