Hessische Museen untersuchen Herkunft ihrer Kunstwerke
Der Museumsverband Hessen hat erste Ergebnisse seiner Untersuchung zur Herkunft von Kunstwerken in drei Museen – den Städtischen Museen Hanau, dem Konrad-Zuse-Museum in Hünfeld und dem Wolfgang-Bonhage-Museum in Korbach – vorgestellt. Wie die Zeit berichtet, wurde ein sogenannter „Erstcheck“ durchgeführt, um mögliche NS-Raubkunst zu identifizieren. In allen drei Museen wurden laut dem Verband Anhaltspunkte gefunden, die weitere Nachforschungen notwendig machen.
Die Auswahl der Museen erfolgte gezielt, da ihre Sammlungen bis vor 1933 zurückreichen und die Museen nur begrenzte Mittel für eine umfassende Provenienzforschung haben, so der Museumsverband. Der Schwerpunkt der Untersuchung lag auf den Zugängen zwischen 1933 und 1945 sowie auf Erwerbungen nach Kriegsende. Gemeinsam mit den Museumsteams wurde geprüft, ob Hinweise auf Kunstwerke existieren, die während der NS-Zeit ihren rechtmäßigen Eigentümern, insbesondere Verfolgten des NS-Regimes, entzogen wurden.
In den Städtischen Museen Hanau mit ihren rund 100.000 Objekten besteht laut Provenienzforscherin Jennifer Chrost weiterer Forschungsbedarf. Die GNZ berichtet, dass die Herkunft von über 40.000 Exponaten unklar ist. Nach mehrmonatiger Recherche wurde eine Liste mit 620 Verdachtsfällen erstellt. Museumsleiter Markus Häfner betonte jedoch, dass nach aktuellem Kenntnisstand kein konkreter Fall von NS-Raubkunst vorliege. Die fehlenden oder unklaren Besitznachweise sollen in zukünftigen Forschungsprojekten geklärt werden.
Auch im Konrad-Zuse-Museum in Hünfeld wurden Lücken in der Dokumentation gefunden. Museumsleiterin Ute Schneider erklärte, dass insbesondere die Herkunft einer Besamimbüchse aus der Abteilung zur Dokumentation der jüdischen Bevölkerung ungeklärt sei. Der Museumsverband unterstützt das Museum bei den weiteren Recherchen.
Im Wolfgang-Bonhage-Museum Korbach mit seinen 30.000 Objekten ergab der Erstcheck laut Mitarbeiterin Britta Hein keine konkreten Hinweise auf NS-Raubkunst. Dennoch besteht bei einigen Objekten, darunter eine Vase, ein Kristallglas und ein Sabbatleuchter, weiterer Forschungsbedarf, da ein jüdischer Hintergrund oder eine unrechtmäßige Aneignung während der NS-Zeit nicht ausgeschlossen werden kann.
Während in Hanau die Planung für ein langfristiges Folgeprojekt bereits begonnen hat, sollen in Hünfeld und Korbach zunächst gezielte Untersuchungen zu einzelnen Objekten durchgeführt werden. Für den Museumsverband ist es bereits das zweite Projekt dieser Art. 2022 wurden vier weitere hessische Museen auf jüdischen Vorbesitz überprüft. Das Projekt wird vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste finanziert.
Saskia Johann vom Museumsverband unterstrich die Bedeutung der Provenienzforschung auch in kleineren und regionalen Museen. Ziel sei es, Transparenz zu schaffen und das Wissen über die Herkunft der Sammlungen zu erweitern. Der Erstcheck sei ein erster Schritt, um Museen den Einstieg in die Provenienzforschung zu erleichtern und ihnen mehr Sicherheit im Umgang mit ihren Objekten zu geben. Johann hofft auf ein Folgeprojekt, um die oft komplexen Fragen der Herkunft von Kulturgütern zu klären und historisches Unrecht aufzuarbeiten. Sollte sich ein Verdacht bestätigen, sei es das Ziel der Museen, eine gerechte und faire Lösung zu finden, die von der Rückgabe an Nachfahren bis zum Rückkauf oder einer Umschreibung des Eigentums reichen kann.
Quellen:
- https://www.zeit.de/news/2024-12/03/provenienzforschung-auf-spurensuche-in-hessischen-museen
- https://www.wnoz.de/nachrichten/baden-wuerttemberg-und-hessen/
- https://wissenschaft.hessen.de/Kultur-erleben/Provenienzforschung
- https://www.gnz.de/lokales/main-kinzig-kreis/stadt-hanau/auf-der-suche-nach-ns-raubgut-bei-40-000-exponaten-in-hanauer-museen-ist-die-herkunft-unbekannt-MG24L6RRVJCU7M2ZD7S67PX3LI.html
- https://historisches-museum-frankfurt.de/de/stadtlabor/auf-spurensuche-im-heute
- https://www.kultur-in-hessen.de/geschichten/ueber-die-geschichte-von-kunstwerken-und-kulturguetern-museum-wiesbaden-teil-2
- https://provenienzforschung.hessen.de/provenienzforschung/zentrale-stelle-fuer-provenienzforschung