1.11.2024
Wiesemann fordert lebensnahe Kirche

Der Ruf nach Wandel in der katholischen Kirche: Bischof Wiesemann betont die Notwendigkeit der Anpassung

Der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann hat sich deutlich für eine Neuausrichtung der katholischen Kirche ausgesprochen. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, sieht er die Notwendigkeit, den Glauben wieder stärker in den Alltag der Menschen zu integrieren. "Es gibt positive Ansätze, aber die Vermittlung zwischen Glauben und Lebensrealität muss dringend verbessert werden", so Wiesemann gegenüber der dpa (ZEIT ONLINE, 1. November 2024). Er betonte, dass es in der Kirche bereits Impulse gebe, "um den Glauben wieder ins Leben der Menschen" zu bringen, denn "um spürbar zu sein, muss der Glaube Lebensrelevanz haben."

Wiesemann räumt ein, dass die Kirche sich schwer damit tut, auf gesellschaftliche Veränderungen zu reagieren. "Ehrlicherweise fällt uns das oft schwer, da wir in manchem noch stark in traditionellen Glaubensformen verhaftet sind", erklärte der 64-Jährige laut dpa. Die fortschreitende Säkularisierung habe dazu geführt, dass der Glaube im Alltag vieler Menschen an Bedeutung verloren hat. Die Kirche müsse daher ihre Reaktionen auf die veränderten Umstände verbessern. (ZEIT ONLINE, 1. November 2024)

Trotz der Herausforderungen sieht Bischof Wiesemann die Kirche in der Lage, Menschen Trost und Halt zu bieten. Auch in einem säkularen Umfeld suchten Menschen nach spirituellen Räumen, beispielsweise um durch das Anzünden von Kerzen Ruhe zu finden. Einen wichtigen Impuls für die Bedeutung von Menschlichkeit und Solidarität habe er kürzlich bei einem Besuch in Ruanda erhalten. Dort habe er erlebt, wie das Konzept von "Ubuntu" – die Vorstellung von Menschlichkeit und Gemeinschaft – eine zentrale Rolle im Heilungsprozess nach dem Genozid spielt. (ZEIT ONLINE, 1. November 2024)

Auch in Deutschland müsse sich die Kirche fragen, welche Visionen sie für eine zunehmend "verwundete" Welt habe. "Wo gibt es Werte, die uns verbinden? Die großen Erzählungen, die uns einen Rahmen geben und die menschliche Würde fördern, sind jetzt wichtiger denn je", so Wiesemann laut dpa. (ZEIT ONLINE, 1. November 2024)

Die Notwendigkeit einer Anpassung der Kirche an die veränderte gesellschaftliche Realität wird auch in anderen Kontexten diskutiert. So berichtet der Trierische Volksfreund über die steigende Anzahl von Anträgen auf Änderung des Geschlechtseintrags seit Inkrafttreten des Selbstbestimmungsgesetzes (Volksfreund, 1. November 2024). Dies zeigt, wie wichtig es ist, dass die Kirche sich mit aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen auseinandersetzt und ihren Platz in der modernen Welt neu definiert.

Im Februar 2022 äußerte sich Bischof Wiesemann in einem Interview mit katholisch.de bereits positiv über den Synodalen Weg und betonte dessen Bedeutung für die Erneuerung der Kirche (katholisch.de, 14. Februar 2022). Er sieht darin eine Chance, auf die Krise der Kirche zu reagieren und gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken nach Lösungen zu suchen.

Auch die Frage des Umgangs mit Demenz und der Integration von Demenzkranken in die Gesellschaft stellt die Kirche vor neue Herausforderungen. Die Theologin Verena Wetzstein plädiert für eine neue Kultur im Umgang mit Demenz und betont die Notwendigkeit, Menschen mit Demenz nicht auszugrenzen, sondern ihnen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen (Pilger, 20. April 2022). Auch hier zeigt sich, dass die Kirche gefordert ist, sich mit den Bedürfnissen einer sich wandelnden Gesellschaft auseinanderzusetzen.

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