September 24, 2024
Brandenburg-Wahl 2024: AfD-Ergebnis und die Verantwortung der etablierten Parteien
Nach der Brandenburg-Wahl: AfD-Ergebnis - Forscher sieht Versäumnisse anderer Parteien

Nach der Brandenburg-Wahl: AfD-Ergebnis - Forscher sieht Versäumnisse anderer Parteien

Die Brandenburger Landtagswahl hat am 22. September 2024 für Aufsehen gesorgt, insbesondere durch die signifikanten Zugewinne der Alternative für Deutschland (AfD). Trotz des Sieges der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) mit 30,9 Prozent der Stimmen, bleibt das Ergebnis der AfD mit 29,2 Prozent nicht ohne Folgen für die politische Landschaft des Bundeslandes. Experten und Politikwissenschaftler äußern sich besorgt über die Entwicklungen und die Verantwortung der anderen Parteien.

Wissenschaftliche Einschätzungen

Gideon Botsch, ein Extremismusforscher und Leiter der Forschungsstelle Antisemitismus und Rechtsextremismus am Moses Mendelssohn Zentrum, hat die Ergebnisse der Wahl analysiert. Er hebt hervor, dass die Themen, die von der AfD in den Vordergrund gerückt wurden, nur deshalb so viel Gewicht erhielten, weil die etablierten demokratischen Parteien es versäumt hätten, diese Themen selbst zu adressieren. „Die Themen der AfD konnten diese Wahl nur bestimmen, weil die demokratischen Parteien zugelassen haben, dass sie von der AfD in dieser Form auf die Agenda gesetzt wurden“, erklärte Botsch bei einer Pressekonferenz.

Botsch kritisierte die Strategie der Union, die AfD mit einem scharfen rechtspopulistischen Wahlkampf zu überflügeln. Diese Taktik sei nicht aufgegangen. Auch die SPD sollte das Wahlergebnis nicht als eindeutigen Sieg interpretieren. Die Wählerinnen und Wähler hätten Ministerpräsident Dietmar Woidke als die aussichtsreichste Alternative zur AfD gewählt, was der SPD entscheidende Stimmen gebracht habe. „Mittelfristig sollte dieser Effekt nicht zum ständigen Kalkül der demokratischen Parteien werden“, betonte Botsch.

Politische Auswirkungen und Forderungen

Die Wahl hat nicht nur die politische Landschaft verändert, sondern auch Forderungen an die neue Landesregierung aufgeworfen. Maica Vierkant, die Leiterin der Geschäftsstelle des Aktionsbündnisses Brandenburg, forderte, dass es im Parlament keine Zusammenarbeit mit rechtsextremen Parteien geben dürfe. „Es darf keine Ämter und keine Stimme für Rechtsextreme geben“, sagte sie. Judith Porath, Geschäftsführerin der Beratungsstelle Opferperspektive, äußerte die Erwartung, dass der Schutz von Betroffenen von Diskriminierung sowie rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt oberste Priorität haben müsse.

Der Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Axel Drecoll, sieht die Gedenkstättenarbeit angesichts des Wahlergebnisses der AfD vor „zunehmend großen Herausforderungen“. Diese Herausforderungen könnten die Arbeit der Gedenkstätten erheblich beeinflussen, insbesondere in einem politischen Klima, in dem rechtsextreme Ideologien an Einfluss gewinnen.

Wählerverhalten und gesellschaftliche Trends

Das Wählerverhalten in Brandenburg zeigt, dass die AfD nicht nur in der politischen Arena präsent ist, sondern auch in den Köpfen der Wählerinnen und Wähler. Politikwissenschaftler Werner Krause beobachtet, dass die AfD von der aktuellen Migrationsdebatte profitiert hat. „Der AfD-Wahlkampf mit dem Thema Zuwanderung hat unglaublich viel Gewicht erhalten“, erklärte Krause. Er weist darauf hin, dass die Zuspitzung auf das Migrationsthema der AfD nicht geschadet hat, sondern im Gegenteil, viele Wähler in ihre Arme treibt.

Die AfD hat sich als kompetent in Bereichen etabliert, die für die Wähler von Bedeutung sind, wie etwa Kriminalität und Migration. Umfragen zeigen, dass viele Menschen der AfD bei der Kriminalitätsbekämpfung und Asylpolitik das größte Vertrauen entgegenbringen. Diese Wahrnehmung könnte langfristige Auswirkungen auf die politische Landschaft in Brandenburg und darüber hinaus haben.

Ausblick auf zukünftige Koalitionen

Die Koalitionsbildung nach der Wahl könnte sich als schwierig erweisen. Die SPD hat zwar die meisten Stimmen erhalten, jedoch wird eine Zusammenarbeit mit der CDU und dem neu gegründeten Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Betracht gezogen. Die CDU hat jedoch bereits signalisiert, dass sie sich auf die Rolle der Opposition vorbereiten wird. Ein Zusammenspiel zwischen SPD und BSW könnte aufgrund unterschiedlicher politischer Ansichten herausfordernd werden, insbesondere in Bezug auf Themen wie Waffenlieferungen und die Raketenstationierung.

Die politische Landschaft in Brandenburg bleibt also angespannt. Die etablierten Parteien stehen vor der Herausforderung, sich neu zu positionieren und ihre Strategien zu überdenken, um die Wähler zurückzugewinnen, die sich zunehmend von der AfD angezogen fühlen. Die kommenden Monate werden entscheidend sein, um zu beobachten, wie sich die Parteien auf diese Veränderungen einstellen und welche Maßnahmen sie ergreifen, um den Einfluss der AfD zu begrenzen.

Fazit

Die Brandenburger Landtagswahl 2024 hat deutlich gemacht, dass die AfD weiterhin eine bedeutende Rolle in der politischen Landschaft spielt. Die Versäumnisse der anderen Parteien, insbesondere in der Themenansprache, haben dazu beigetragen, dass die AfD an Einfluss gewinnen konnte. Die kommenden politischen Entwicklungen werden zeigen, ob die demokratischen Parteien in der Lage sind, sich neu zu orientieren und den Herausforderungen, die die AfD mit sich bringt, erfolgreich zu begegnen.

Quellen: Zeit Online, Der Tagesspiegel, Frankfurter Rundschau, ZDF, Süddeutsche Zeitung.

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