September 24, 2024
Kontroversen um Prüfungsformate in Bayerns Schulen: Elternverbände fordern Dialog

Schule in Bayern: Elternverbände kritisieren Söders Veto zu den Exen scharf

In Bayern ist ein intensiver Streit um die Praxis der unangekündigten Leistungsnachweise, auch bekannt als Exen, entbrannt. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat kürzlich ein Veto gegen die von Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) angestoßene Diskussion über die Prüfungskultur eingelegt. Dies hat zu einer scharfen Reaktion von verschiedenen Elternverbänden geführt, die Söders Vorgehen als schädlich für das Vertrauen in die demokratischen Prozesse und die Bildungspolitik insgesamt empfinden.

In zwei offenen Briefen haben die Landeselternvereinigung der Gymnasien und der Bayerische Elternverband (BEV) ihre Kritik an Söders Entscheidung deutlich gemacht. Birgit Bretthauer, die Vorsitzende der Landeselternvereinigung, äußerte, dass die Kultusministerin einen längst überfälligen Dialog über die Prüfungskultur angestoßen habe und diese Diskussion nicht durch eine Verordnung aus der Staatskanzlei behindert werden dürfe. Sie forderte eine konstruktive Auseinandersetzung mit dem Thema, um die Prüfungskultur in Bayern weiterzuentwickeln.

Martin Löwe, Vorsitzender des BEV, formulierte seine Kritik noch schärfer und stellte fest, dass Söders Intervention das Vertrauen in die Demokratie und den Rechtsstaat schwer beschädigt habe. Löwe lobte den neuen Dialogstil von Stolz, der notwendig sei, um den über Jahre angesammelten Reformstau in der Bildungspolitik anzugehen. Er betonte, dass Söders Machtwort den Fortschritt in der Bildungsdebatte gefährde und die Politikverdrossenheit unter den Bürgern fördere.

Die Kontroversen um die Exen sind nicht neu. Söder hatte bei einer CSU-Fraktionsklausur in Kloster Banz klargestellt, dass unangekündigte Tests weiterhin Bestandteil des bayerischen Schulsystems bleiben würden. Dies geschah, nachdem Stolz angekündigt hatte, die Prüfungsformate im Dialog mit der Schulfamilie zu überdenken. Söder wies diese Ankündigung mit den Worten zurück, dass die Exen „natürlich bleiben“ würden, und argumentierte, dass eine Abschaffung die Leistungsdichte in den Schulen verschlechtern würde.

Die Lehrerverbände reagierten prompt auf Söders Äußerungen und kritisierten sie als Machtwort und Schnellschüsse, die aus Unkenntnis resultierten. Sie forderten eine differenzierte Diskussion über die Rolle und den Einsatz von unangekündigten Tests. Im Kultusministerium hingegen bleibt man gelassen und betont, dass der Dialog über die Prüfungsformate weiterhin geplant sei und dass es nie das Ziel gewesen sei, die Exen vollständig abzuschaffen.

Die Debatte um unangekündigte Tests hat auch eine breitere gesellschaftliche Dimension. Kritiker argumentieren, dass diese Art von Prüfungen bei vielen Schülern Angst und Stress auslöse und nicht förderlich für eine nachhaltige Lernentwicklung sei. Studien deuten darauf hin, dass angekündigte Tests oft zu besseren Lernergebnissen führen, da sie den Schülern die Möglichkeit geben, sich besser auf die Prüfungen vorzubereiten. In diesem Kontext wird die Forderung nach einer Reform der Prüfungskultur immer lauter.

Die Elternverbände haben in ihren offenen Briefen auch auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass die Schulen in Bayern mehr Autonomie bei der Entscheidung über Prüfungsformate erhalten sollten. Viele Schulen entscheiden bereits eigenständig, ob sie unangekündigte Tests durchführen oder nicht. Dies zeigt, dass es bereits eine gewisse Flexibilität im System gibt, die jedoch von der Staatsregierung nicht ausreichend unterstützt wird.

Die Staatskanzlei hat bislang keine Stellung zu den offenen Briefen der Elternverbände genommen und betont, dass sie grundsätzlich keine Stellung zu solchen Schreiben bezieht. Dies könnte den Eindruck erwecken, dass die Regierung nicht gewillt ist, auf die Bedenken der Eltern und Lehrer einzugehen, was die Situation weiter anheizen könnte.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Diskussion um die unangekündigten Leistungsnachweise in Bayern ein komplexes und vielschichtiges Thema ist. Die unterschiedlichen Perspektiven der Eltern, Lehrer und der Politik müssen in einem konstruktiven Dialog zusammengeführt werden, um eine zukunftsfähige Lösung für die bayerische Schullandschaft zu finden. Die Elternverbände haben klar gemacht, dass sie bereit sind, an diesem Dialog teilzunehmen, solange ihre Stimmen gehört werden und die Diskussion nicht durch politische Machtspiele behindert wird.

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