19.10.2024
Herausforderung und Chance: Die Suche nach der Liebe im digitalen Zeitalter

Partnerwahl per Internet: Online-Dating kann sogar zu einer Art Burnout führen

Der Markt für Dating-Apps boomt. Zwischen Plattformen wie Bumble, Tinder und Parship fällt die Auswahl nicht immer leicht. Viele junge Menschen erhoffen sich von Online-Dating die große Liebe, doch die Realität sieht oft anders aus. Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass rund 20 Millionen Deutsche bereits Dating-Apps genutzt haben, und etwa 60 Prozent von ihnen haben sogar eine feste Beziehung über diese Plattformen gefunden, wie eine Umfrage des IT-Branchenverbands Bitkom aus dem Jahr 2022 zeigt.

Die Unsicherheit bei der Partnersuche

Insbesondere junge Menschen fühlen sich angesichts der Vielzahl an Optionen oft unsicher. Eine Untersuchung aus Indien, die kürzlich bei einer Konferenz in Prag präsentiert wurde, ergab, dass mehr als die Hälfte der Teilnehmer im Alter von 18 bis 30 Jahren angab, bei der Partnersuche irritiert zu sein. Frauen sind in diesem Kontext häufiger betroffen als Männer. Die Forscher führen dies auf bearbeitete Fotos und die Vielzahl der Optionen im Internet zurück. Täglich konfrontiert mit manipulierten Bildern, steigen die Erwartungen an potenzielle Partner. Zudem werden junge Menschen in sozialen Medien oft mit sexuell stimulierenden Inhalten überschüttet, was die Realität und die Erwartungen an potenzielle Partner verschiebt.

Das Phänomen Dating-Burnout

Wera Aretz, Paartherapeutin und Psychologin an der Hochschule Fresenius in Köln, warnt vor einem Phänomen, das als Dating-Burnout bezeichnet wird. Anhaltender Stress und Frustration beim Online-Dating können zu einem psychosomatischen Syndrom führen. Laut Aretz äußert sich Dating-Burnout in emotionaler Erschöpfung, Zynismus und verminderter Leistungsfähigkeit. Schätzungen zufolge sind etwa 14 Prozent der Nutzer von Dating-Plattformen betroffen. Risikofaktoren sind insbesondere die Monotonie beim ständigen Über-den-Bildschirm-Wischen, um interessante Personen kennenzulernen. Viele Nutzer verbringen Stunden damit, Profile zu lesen und dieselben Nachrichten zu schreiben, nur um am Ende ohne Date dazustehen. Ghosting, das plötzliche Ignorieren oder Blockieren durch andere Nutzer, stellt ebenfalls ein Risiko für Dating-Burnout dar.

Die Gerechtigkeit des Online-Datings

Johanna Degen, Sozialpsychologin und Paartherapeutin in Flensburg, äußert sich kritisch über die Fairness des Online-Datings. Sie beschreibt die Plattformen als sexistisch und diskriminierend, da Menschen mit Behinderungen auf den meisten Dating-Apps kaum vertreten sind. Diese Ungerechtigkeit kann das Selbstwertgefühl der Nutzer weiter beeinträchtigen.

Selbstoptimierung und ihre Folgen

In dem Bestreben, sich von der besten Seite zu präsentieren, neigen viele dazu, ihre Profile zu optimieren. Degen warnt, dass je mehr man sein Profil optimiert, desto mehr Stress entsteht, da man mit der perfekten Version seiner selbst konfrontiert wird und die Enttäuschung beim Date erleben könnte. Aretz bestätigt, dass viele ihrer Klienten bei der Größe, dem Bildungsstand und dem Beziehungsstatus schummeln. Diese Selbstoptimierung kann zu einem weiteren Gefühl der Enttäuschung führen, wenn die Realität nicht mit den Erwartungen übereinstimmt.

Die Nutzung von Dating-Plattformen in Beziehungen

Die Forschung zeigt, dass sogar Menschen in festen Partnerschaften Dating-Plattformen nutzen. Aretz weist darauf hin, dass dies unter bestimmten Umständen, wie in offenen Beziehungen, nicht unbedingt negativ sein muss. Es kann jedoch zu großen Irritationen führen, wenn ein Partner nicht weiß, dass der andere online datet. Die Anonymität und die Möglichkeit, über große Distanzen hinweg Kontakt zu knüpfen, bieten zwar Chancen, führen aber auch zu Komplikationen.

Die Vorteile der virtuellen Partnersuche

Ein Vorteil des Online-Datings ist die Möglichkeit, über weite Distanzen hinweg potenzielle Partner kennenzulernen. Dies kann zu mehr interkulturellen Beziehungen führen und gesellschaftliche Schichten weniger relevant machen. Aretz betont, dass die virtuelle Partnersuche eine bequeme und spielerische Art ist, mit einer Vielzahl von Menschen in Kontakt zu treten, die man im Alltag nicht treffen würde.

Der Weg zu einer erfolgreichen Partnersuche

Einige Paartherapeuten empfehlen kostenpflichtige Apps, da bezahlende Nutzer oft ernstere Absichten haben. Für junge Menschen kann es jedoch vorteilhaft sein, kostenlose Plattformen wie Tinder oder OkCupid zu nutzen, da die Zielgruppe dort jünger ist. Wichtig ist, sich nicht zu verstellen und authentisch zu bleiben. Um die richtige Person zu finden, sollten Nutzer ehrlich sein und sich nicht nur auf die besten Bilder und Eigenschaften beschränken.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Online-Dating sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich bringt. Die Suche nach der großen Liebe kann frustrierend und ermüdend sein, was zu einem Dating-Burnout führen kann. Es ist wichtig, die eigenen Grenzen zu erkennen und gegebenenfalls eine Pause einzulegen, um sich von dem Stress zu erholen.

Quellen: Zeit Online, GEO, Westdeutsche Zeitung.

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